Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 94

auf Parteienstellung der Anrainerinnen und Anrainer, auf Demokratisierung dieser Rechtsmaterie.

Was wir jetzt hören, in den Gazetten lesen, das gibt uns sehr zu denken, nämlich daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten – dieser Bundesminister, der das Parlament falsch informiert hat (Abg. Zweytick: Das ist eine Unterstellung!), der nicht in der Lage war, seine Behörden zu koordinieren (Abg. Zweytick: Das ist eine Unterstellung!), der beklagt, daß sie eher zum FPÖ-Klub rennen als zu ihm – bei den klassischen Bergwerken erste und letzte Instanz in Zukunft sein soll. – Das halte ich für keine kluge Lösung, wenn das jetzt noch so in der Gesetzesvorlage steht, ich weiß es ja nicht.

Ich habe diesbezüglich auch eine Frage an den Justizminister. Ein Problem oder wahrscheinlich das Sicherheitsproblem in Lassing schlechthin war, daß das Werk, die Werksleitung und die Bergbehörde dem immer massiveren ökonomischen Druck von Rio Tinto und Luzenac nachgegeben haben. Wo man gespart hat, das war bei der Sicherheit: Es gab keinen Markscheider im Werk. Der Markscheider ist jene Person, die für das Bergkartenwerk verantwortlich zeichnen sollte. Das Gesetz widmet dem Markscheider einen eigenen Abschnitt, und es ist im Gesetz völlig eindeutig erkennbar, daß die Funktion des Betriebsleiters und die Funktion des Markscheiders unvereinbar sind. Das ist der klare Wille und Auftrag des Gesetzgebers. Nur, es gab in Lassing seit 1994 keinen Markscheider. Das hat Ihre Behörde gewußt, Herr Bundesminister, denn sie hat die Ablehnung ausgesprochen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist unglaublich!) Meine Frage ist jetzt: Steht das jetzt auch noch im Gesetz drinnen, daß der Markscheider in Hinkunft nicht einmal mehr von der Behörde bestellt werden soll, das heißt, daß völlig freie Bahn für die Konzerne à la Rio Tinto herrscht? Das hielte ich ja für eine geradezu wahnwitzige Lösung, wenn Sie das wirklich so im Gesetz stehen haben. Im Gesetzentwurf der Regierung vom Sommer war es so vorgesehen.

Darf ich Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, wie Sie geschrien haben, als ich in den Medien sagte, das sei ein Bergbau im Blindflug. Damals sprachen Sie auch von Vorverurteilung. Durch die Aussagen des Betriebsleiters, die er gegenüber "NEWS" getätigt hat, wird meine Behauptung voll und ganz bestätigt. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer). Jetzt haben Sie es schwarz auf weiß, Frau Abgeordnete Bauer (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer), aus dem Mund des Betriebsleiters: "Das klingt zwar jetzt unglaubhaft, aber wir haben nie gemessen, wie hoch wir sind. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie groß oder klein der Abstand zwischen Sohle 1A und der Erdoberfläche war. Wir haben nie in absoluten Höhen gerechnet, wir haben immer nur die Höhen zwischen den Sohlen berechnet."

Herr Bundesminister! Es war Ihre Aufgabe – Ihre Aufgabe! –, dafür Sorge zu tragen, daß die verantwortlichen Funktionen nach dem Bergrecht besetzt sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Zweytick und Wurmitzer.) Meine Frage an Sie: Wie sind Sie Ihrer Verantwortung nachgekommen? Und vor allem: Lassing ist jetzt ein Kriminalfall, Lassing wird untersucht, und ich garantiere Ihnen, Lassing wird auch im Hinblick auf die politische Verantwortung in diesem Haus untersucht werden. Das werden Sie nicht aussitzen, das werden Sie nicht verhindern können! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Frage an beide Minister, insbesondere an den Justizminister, lautet aber: Sind nicht alle österreichischen Bergleute und die Nachbarn von Bergwerken in der Situation einer fortgesetzten Gemeingefahr? Wer hat seit dem 17. Juli überprüft, ob die verantwortlichen Funktionen nach dem Bergrecht, insbesondere die Funktion des Markscheiders, in jedem Bergwerk korrekt und dem Gesetz entsprechend besetzt ist? Wer hat überprüft, ob es ein Bergkartenwerk im Sinne der Markscheideverordnung auf Millimeter genau vermessen gibt? Oder ist es überall so wie in Lassing, daß keine Messungen durchgeführt werden?

Ich kann mich gut daran erinnern, als damals die Wiener Reichsbrücke einstürzte, gab es nicht nur einen SPÖ-Stadtrat, der damals die politische Verantwortung übernommen hat – Stadtrat Hoffmann – und sofort zurückgetreten ist. Er, der dieses Unglück sicherlich auch zutiefst bedauert hat, hat gehandelt. (Abg. Rosemarie Bauer: Die Leute haben jahrzehntelang darüber gelacht!) Es ist aber noch etwas passiert: Man hat am Tage nach diesem Unglücksfall damit be


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