Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 140

nicht lösen können. Ich ersehe aus den OECD-Bewertungen auch nicht, daß entsprechender Handlungsbedarf besteht.

Wo ist anzusetzen? – Nicht dort, wo Sie meinen, Herr Kollege Öllinger: bei einer völligen Neuorganisation oder Neugestaltung des Schulwesens. Das erinnert mich ein bißchen an die Nachdenk-Kellerdiskussionen des 68er Jahres, also: Wir werden die Welt neu machen, die Schule neu machen und überhaupt alles neu machen.

Wo beziehungsweise wann hat die Sensibilität der Lehrer begonnen? – Bei der Kritik des Rechnungshofes an der Pauschalabgeltung der Überstunden. Damit ist wieder einmal offenkundig, daß wir in Richtung Jahresarbeitszeitmodell unterwegs sein müssen. Dazu meine ich aus den differenzierten Lehrer-, Schul- und Elternrückmeldungen herauszuhören, daß wir mit dieser Ministerin, mit dieser Reformrichtung, mit diesem Erneuerungstempo gut unterwegs sind. Wir sollten diesen Weg nicht verlassen und durch einen anderen, radikalen ersetzen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich plädiere dafür, daß die schon zitierte Arbeitsgruppe, die erst – für so ein großes Thema gesehen: erst – seit Sommer dieses Jahres tagt, weil das Problem erst da akut geworden ist, tagen und arbeiten kann. Ich denke, daß auf die Schule viele Erneuerungen zukommen, daß diese Erneuerungen auf dem evolutionären Weg gestaltet werden müssen, daß sie auf der einen Seite weiter in Richtung Professionalisierung und Verwissenschaftlichung gehen müssen, daß wir den Lehrplan als dezentralisiertes Profilvehikel benützen müssen, um die Schulerneuerung voranzutreiben, daß die alte Qualitätssicherung, die der Schulinspektor alten Typs betrieben hat, durch ein Schulcontrolling und durch eine Qualitätsevaluation ersetzt werden muß und daß das Lehrerleitbild auch nicht so weit weg ist von dem, was wir brauchen, um zu einer Jahresarbeitszeit zu kommen, wenn wir uns den Lehrplan ansehen.

Da ist mir ein "Kommentar der anderen" in der Tageszeitung "Der Standard" von Karl-Heinz Gruber, den die Insider kennen, in Erinnerung, der sehr genau darauf hingewiesen hat: Wenn man diesen Lehrplan im allgemeinen Teil und in den didaktischen Grundsätzen ernst nimmt, dann weiß man, wie ein Lehrer zu arbeiten hat.

Wir sind also vom angepeilten Ziel, vom angepeilten oder intendierten Tempo nicht so weit weg. Es muß in Ruhe gearbeitet werden. Wir sollen uns auch nicht überfordern, weil tatsächlich paradigmatisch viel zu ändern ist.

Bürokratisierung und Demokratisierung haben einmal zum Vehikel der Modernisierung von Gesellschaft und Staat gehört. Am Ende dieses Jahrtausends sind andere Instrumente zu entwickeln. Es ist aber eine Überforderung, wenn wir es noch bunter und noch schneller treiben wollen als etwa in der Formel 1, wo zumindest zum Wechseln der Reifen ein Boxenstopp eingelegt wird. Wir können nicht bei laufender Fahrt vier oder mehr Reifen wechseln, ohne zum Boxenstopp zu gehen. Das ist unsere Herausforderung. Die Weichen sind gestellt, wir sollten den Weg vernünftig und maßvoll gehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 6 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Eine meine Vorrednerinnen, Frau Abgeordnete Stoisits, hat anläßlich dieser Diskussion bei der Frau Ministerin Betroffenheit bemerkt. – Ich muß sagen, daß ich diese Betroffenheit bei der Frau Minister eigentlich vermißt habe. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist ein unterschiedlicher Eindruck!) Ganz im Gegenteil: Die Frau Ministerin hat sich voll hinter das Besoldungssystem gestellt. Sie hat in keiner Weise die Notwendigkeit einer Reform ausgedrückt und hat eben vor allem keine Betroffenheit gezeigt.

Aber gerade in dieser Diskussion werden wieder die Tiefen des staatlichen Besoldungssystems offenbar. Gerade bei den Lehrern ist überhaupt keine Transparenz vorhanden. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß wir es mit einem leistungsgerechten und transparenten


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