Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 43

ein klares Bekenntnis und eine klare Analyse darüber abzugeben, wo denn die Fehler nach 1945 gemacht wurden. Das wäre sehr wichtig gewesen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht in dieser Debatte nicht etwa um eine politische Verwertung dieses Themas, darum, politisches Kleingeld zu schlagen, aber es ist sehr wichtig, daß wir uns die Ereignisse nach dem Jahr 1945 vor Augen halten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verkenne nicht, daß sich die jetzigen Regierungsparteien um die Wiedererrichtung der souveränen Republik Österreich und der Demokratie große Verdienste erworben haben, aber diese Verdienste sind auch im Zusammenhang mit den damaligen Handlungen von ÖVP und SPÖ zu sehen, mit denen sie sich ehemals arisiertes Vermögen in ihre Parteikasse einverleibt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sind klare Worte des Bekenntnisses der Regierungsparteien gefragt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Cap hat zu Recht eine – ich zitiere wörtlich – klare Aufarbeitung dieser Ereignisse eingefordert, und ich möchte dazu gerne einen Beitrag leisten. Ich zitiere aus dem Protokoll der 52. Ministerratssitzung vom 14. Jänner 1947, bei der Bundesminister Dr. Gruber eine Information aus Amerika zur Sprache gebracht hat, derzufolge für das Leben der Juden in Österreich nach dem Abzug der Besatzungsmächte infolge der antisemitischen Stimmung im Land keinerlei Garantie bestehe.

Da sagte Herr Bundesminister Helmer – Herr Präsident, erlauben Sie mir doch, daß ich meine Verwunderung ausdrücke, wenn ich kürzlich in einem "profil"-Interview lesen mußte, daß Sie den Namen Helmer in einem Atemzug mit wirklich verdienstvollen Politikern der Nachkriegsära genannt haben –, jener berüchtigte Helmer, der sich insbesondere deshalb in das Geschichtsbuch eingetragen hat, weil er gesagt hat: Ich bin dafür, die Frage der Rückstellung und der Entschädigung "in die Länge zu ziehen"!, folgendes: Aus Ungarn, Polen, Rumänien und der Tschechoslowakei werden die Juden ausgewiesen. Hier in Österreich werden sie durchgeschleust und aufgenommen und machen als Dank dafür Propaganda, daß in Österreich zuwenig gegen den Antisemitismus unternommen werde. – Zitatende.

Bundeskanzler Figl sagte dazu: Die Juden möchten halt rasch reiche Leute werden, und so hat in Bad Gastein ein Jude dem Bürgermeister erklärt, er habe bereits 120 000 S in kürzester Zeit erwirtschaftet – das österreichische Volk sei nicht geschäftstüchtig.

Ich zitiere weiters aus der 5. Kabinettssitzung, unmittelbar nach Kriegsende, vom 10. Mai 1945: Da bringt Staatssekretär Helmer im Zusammenhang mit dem Entwurf bezüglich Vermögensrückstellungen die Frage der Wiedergutmachung in die Debatte ein, nämlich der Wiedergutmachung und auch der Rückstellung zugunsten der Parteien SPÖ und ÖVP. Dazu sagte Staatskanzler Dr. Renner – ich zitiere –:

Ich nehme es als selbstverständlich an, daß ein solches Gesetz gemacht werden muß – nämlich zugunsten der SPÖ und der ÖVP. Es wäre doch ganz unverständlich, daß man jeden kleinen jüdischen Kaufmann oder Hausierer für seinen Verlust entschädigt, daß man aber einer Bewegung – gemeint ist die sozialdemokratische Bewegung –, der 47 Prozent der Bevölkerung angehört haben, straflos und ohne Ersatz das Ergebnis ihrer emsigen Sammlungstätigkeit und ihrer Organisationsarbeit glatt wegnehmen kann. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von einer emsigen Sammeltätigkeit der SPÖ zugunsten ihrer Parteikassen war die Rede!

Worin hat diese Sammeltätigkeit bestanden? – In der Erstausgabe der Zeitschrift "Format" steht zu lesen: SPÖ und auch ÖVP, also beide Parteien, haben eine Fülle von ehemals arisiertem Vermögen in ihre Parteikasse, in ihr Parteivermögen gebracht. Die SPÖ und die ÖVP haben sich nicht damit begnügt – ich habe auf die historischen Verdienste hingewiesen; ich bin diesbezüglich nicht einäugig, das können Sie mir glauben –, Österreich in zwei Hälften aufzuteilen, nämlich in eine sozialistische und in eine schwarze Hälfte, und sich etwa die Nationalbank angeeignet und dergleichen, sondern sie haben sich auch ehemals arisiertes Vermögen, das zurückzuerstatten gewesen wäre, unter den Nagel gerissen.


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