Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 71

Ich verstehe das nicht. Man kann doch solch ein Problem nicht so lauthals betreiben wie Sie, meine Damen und Herren! Gehen Sie doch lieber in sich, denken Sie darüber nach! Das muß einen doch betroffen machen, wenn man solche Papiere über den eigenen Parteiobmann lesen muß, meine Damen und Herren. Das muß Sie doch betroffen machen! (Abg. Dr. Ofner: Ich bin nicht der Parteiobmann! – Abg. Gaugg: Volksverhetzung ist das, Smolle! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich bitte um einen Ordnungsruf. (Abg. Schieder – in Richtung des Abg. Gaugg –: Ein "schönes" Wort zu dieser Debatte! Genieren Sie sich! Passend ausgesucht: Volksverhetzung! Genieren Sie sich! – Abg. Dr. Fischer: Das ist das "richtige" Vokabular!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Gaugg! Dieser Ausdruck ist wirklich unpassend. Ich bitte jetzt, wenigstens dafür Sorge zu tragen, daß der Schluß dieser Debatte noch in einem angemessenen Rahmen über die Bühne gehen kann.

Bitte, Herr Abgeordneter Smolle, setzen Sie fort!

Abgeordneter Karl Smolle (fortsetzend): Herr Präsident! Ich danke Ihnen dafür, daß Sie sich eingemengt haben. Ich halte es für unerhört, was hier geschehen ist, lasse mich aber nicht provozieren. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir stellen fest, daß die österreichischen Volksgruppen auch in der Zweiten Republik nicht jene Entschädigung erhalten haben, die sie vor allem aufgrund der in der Zeit des Nationalsozialismus erlittenen Schäden, aber auch aufgrund jenes Schadens, der ihnen in den Jahren 1945 bis 1955 und danach zugefügt wurde, bekommen hätten müssen. So haben sich zum Beispiel die slowenischen Genossenschaften darum bemüht, all jene Kreditinstitute, die vor dem Jahre 1937 bestanden haben, wiederzuerrichten. Ich könnte Ihnen ganz Pakete von Materialien vorlegen, die belegen, daß das von seiten des damaligen österreichischen Finanzministers abgelehnt wurde. (Abg. Dr. Ofner: Wie hat er geheißen?) – Das können Sie sich ohne weiteres mit einigen Damen und Herren auf der anderen Seite ausmachen, ich habe das schon am Anfang gesagt.

Die Roma, die vor allem großen persönlichen Schaden erlitten haben, warten heute noch auf eine Entschädigung, ebenso viele Angehörige der tschechischen Volksgruppe. Vor dem Krieg gab es in Wien eine blühende Landschaft von Bibliotheken und Archiven. Vieles davon wurde vernichtet, verbrannt, vieles konnte man nur mehr rudimentär retten. All das harrt noch einer Entschädigung. Diesbezüglich muß ich mit Bedauern feststellen, daß wir – nach mehr als 40 Jahren! – immer noch auf die Erfüllung des Artikels 7, des Versuchs eines Abschlusses dieser schrecklichen Epoche, warten.

Meine Damen und Herren! Nach wie vor warten die burgenländischen Kroaten auf die zweisprachigen Ortstafeln, nach wie vor ist die Sprache der Volksgruppen als Amts- und Gerichtssprache nicht überall durchgesetzt – ich erwähne das ohnehin fast bei jeder meiner Debattenbeiträge! Vor allem aber hat es noch keine finanzielle Entschädigung gegeben. Man hat auch zur Zeit der Besatzung mit Hilfe etwa der Kärntner Landesregierung die Angehörigen der Besatzungsmacht – bei uns waren das die Briten – bewußt vor allem in slowenischen Institutionen untergebracht, sodaß slowenische Institutionen und Häuser lange Zeit sozusagen doppelt besetzt waren, und zwar auf Empfehlung des damaligen – Sie haben recht – sozialistischen Landeshauptmannes, der gemeint hat, sie sollten am besten dorthin gehen. Das hatte zur Folge, daß diese Institutionen über 15 Jahre lang ihre Tätigkeit nicht entfalten konnten! Ich habe selbst noch Engländer in einem Haus erlebt, das später ein Studentenheim wurde.

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Ich halte Ihren Antrag, in dem Sie von direkten und indirekten Opfern sprechen, für nicht in Ordnung. Man hat dabei fast das Gefühl, daß dahinter der Gedanke steht, daß es am besten ist, wenn wir uns die Schäden, die wir anderen verursacht haben, gleich wieder selber auszahlen, weil wir ja alle "irgendwie ein bißchen" geschädigt sind aus dieser Zeit. Das ist eine sehr schlampige Vorgangsweise! (Abg. Dr. Ofner: Du polemisierst!)


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