Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 74

Ich wiederhole noch einmal klar und deutlich: Bei der Frage nach den Opfern darf es in Österreich keinen Ruf nach "Schluß der Debatte!" geben – egal, wer diese Opfer sind und woher sie kommen. Das darf nicht passieren, sonst leistet man damit, wie ich schon oft gesagt habe, auch in anderen Fällen einen Beitrag zu weiteren ethnischen Säuberungen in Europa, aber auch auf der ganzen Welt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und es ist kontraproduktiv, wenn, sobald einmal eine ehrliche Aufarbeitung begonnen wird, von der linken Seite immer wieder behauptet wird, das sei eine Aufrechnung. Damit "sticht" man dieses Thema "ab". Uns geht es darum, alle Opfer in ihrem Schicksal gleichzubehandeln und ihnen ihre gerechte Entschädigung, aber auch ihre gerechte moralische Wiedergutmachung zuteil werden zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny.) – Das lassen wir uns auch von Ihnen, Herr Nowotny, nicht wegdiskutieren. Wir werden uns immer dafür einsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch an Ihre Adresse sei gesagt: Wir Freiheitlichen in diesem Hause fühlen uns auch permanent dafür verantwortlich und dazu verpflichtet, uns auch für jene Kommunisten und Sozialdemokraten einzusetzen, die bis zum Jahre 1945 in Theresienstadt eingesessen sind und dort beinahe zu Tode gekommen sind, und auch nach dem Jahre 1945 wieder in Theresienstadt gesessen sind, nur weil sie Sudetendeutsche waren. Auch für diese Leute setzen wir uns ein, das ist eine moralische Verpflichtung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Natürlich! Das ist auch richtig!)

Diese Leute sind ebenso in diese Debatte und in die Aufarbeitung miteinzubeziehen, das lassen wir uns von Ihnen nicht wegdiskutieren! (Abg. Dr. Nowotny: Nur Sie dürfen nicht aufrechnen!) Sie sind Opfer, nur weil sie Sudetendeutsche sind! (Abg. Dr. Nowotny: Sie sind Opfer, aber nicht aufrechenbar!)

Auch die Kinder, die Säuglinge, die nach 1945 zu Tode gekommen sind, sind Opfer. Denn unter den 241 000 Toten waren auch sehr viele Kinder, Säuglinge und Greise. Kinder haben keine politische Ausrichtung, Kinder können niemals Täter sein, wie Sie es uns vorwerfen wollen! Daher haben wir die Verpflichtung, in diesem Zusammenhang auch diesen Kindern letztlich Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen. Dieses Thema gehört hier debattiert, genauso, wie wir es wollen. (Abg. Dr. Nowotny: Darum geht es ja jetzt nicht!)

Sicherlich geht es darum, Herr Kollege Nowotny! Sie haben immer wieder gesagt, daß das, was wir betreiben, Aufrechnung sei. (Abg. Dr. Nowotny: Ja, das ist es auch!) Wir setzen uns aber für die Rechte der Kinder der vertriebenen Sudetendeutschen ein, auch wenn Sie das nicht wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und wir werden uns immer dafür einsetzen, weil wir uns von Ihnen nicht das Wort verbieten lassen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.04

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Seit der Antrag der Freiheitlichen betreffend die direkten und indirekten Opfer eingebracht worden ist, nimmt die Debatte eine traurige, bislang die österreichische Färbung an. Ich hoffe aber, Frau Bundesministerin und meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, daß gleichzeitig mit dem heute vorliegenden Gesetz, das die Grünen gerne mitbeschließen, allerdings nur als einen ersten Schritt sehen, diese bisher in unseren Augen zu verwaschene österreichische Linie durch eine klarere und deutlichere ersetzt wird und dann Anträge dieser Art ganz eindeutig als das zu erkennen sein werden, was sie in Wirklichkeit sind, nämlich eine Fortsetzung der Verhöhnung der Opfer und eine Vergrößerung des Unrechts.

Man baut auf plausible Argumente wie etwa, daß jeder Krieg Opfer auf allen Seiten schaffe. – Ja! Das stimmt leider, das ist wahr. Niemals werden die Gesetze, die Normen, die Regeln der


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