Humanität in Kriegen eingehalten. Und je länger Kriege dauern und je entsetzlicher die Brutalitäten sind, desto mehr grassiert das Unrecht auf allen Seiten. Das stimmt!
Aber das Thema, mit dem sich diese Republik heute und in Zukunft zu beschäftigen hat, ist das Unrecht des Nationalsozialismus, das Unrecht, das diesen Opfern zugefügt wurde. (Abg. Dr. Ofner: Direkte und indirekte!) Und das ist eine historische Perfidie sondergleichen, irgendwelche anderen Dinge dazuzuzählen, denn das wird auch diesen anderen Opfern nicht gerecht. Es ist eine Verfälschung der Geschichte, es ist eine Relativierung des Unrechts und es ist, wie bereits gesagt, eine historische Perfidie! Die Absicht, die dahintersteckt, ist klar, nämlich eine politische Botschaft an die Nachkommen jener Täter, die das Unrecht nicht eingesehen haben, die es nach wie vor vertuschen, verleugnen, verniedlichen und nicht wahrhaben wollen. Das ist die politische Botschaft an eine Gruppe, die es immer noch gibt in diesem Land sie ist nicht allzu groß , und es ist auch eine Botschaft an jene, die sich vielleicht nicht ausreichend, nicht tiefgreifend mit der Geschichte beschäftigt haben.
Es ist zulässig, über die Frage der Opfer auf den verschiedenen Seiten zu reden, aber nicht bei dieser Debatte, nicht bei diesem Bundesgesetz und auch nicht in dieser Form. (Abg. Mag. Stadler: Wann dann, Frau Kollegin? Wann ist es denn Zeit?) Dieser Fonds, in dem es um die Frage der gestohlenen, geraubten und abgepreßten Kulturgüter in den Bundesmuseen geht, darf mit nichts anderem verglichen, mit nichts anderem aufgerechnet und in keinen anderen Kontext gebracht werden.
Für das andere Unrecht gibt es eine einzige Art und Weise, sich damit auseinanderzusetzen, sie ist mühsam und langwierig, aber Österreich hat bereits ein Beispiel dafür vorzuweisen, wie dieser Weg gegangen werden kann, nämlich das Modell Südtirol. Ein anderes Modell für diese Fragen sehe ich nicht. (Abg. Mag. Stadler: Mit Südtirol hat das nichts zu tun!) Ihre Zwischenrufe entlarven Sie immer wieder, aber ich werde mich nicht beirren lassen. Wir werden diese Debatte weiterführen. Es wird an dieser Bundesregierung, an den Regierungsparteien liegen, ob der Weg, der heute richtigerweise beschritten worden ist, nun auch zügig zwar spät, aber doch weitergegangen werden kann.
Daß es immer wieder möglich war, diesen historischen Schleier über das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu breiten, liegt natürlich auch an der Art und Weise, wie über 50 Jahre lang damit umgegangen worden ist. Da es immer anschaulicher ist, anhand von konkreten Beispielen über diese Geschehnisse zu reden, möchte ich Ihnen Beispiele dafür bringen, daß das Unrecht nicht nach dem Jahre 1945 aufgehört hat (Abg. Dr. Ofner: Das ist richtig! Die Bene-Dekrete sind nach 1945!), und zwar jenes Unrecht, das die Opfer des Nationalsozialismus betrifft, und daß der bisherige Umgang der Zweiten Republik mit den Opfern solche "Nebelwerferei" und derartige Anträge beinahe nahegelegt hat.
Es wurde in diesem Hause heute ein Büchlein über den Fall Thorsch verteilt. Ich bitte Sie, die schriftlichen Ausführungen der Republik in Sachen dieser Opfer des Nationalsozialismus wirklich einmal zu lesen. So wird etwa im Zusammenhang mit der Rückgabe von in diesem Fall nicht Kulturgütern, sondern Bankenkonzessionen im Jahre 1971 festgestellt: Im Hinblick auf den Umfang des österreichischen Kreditapparates wurde bei der Verleihung von Bankenkonzessionen eine sehr restriktive Haltung eingenommen. Die Anzahl der zwangsliquidierten Bankunternehmen rechtfertigt es auch weiterhin, restriktiv zu bleiben.
Das bedeutet also, daß den Opfern von Verbrechen und ihren Nachkommen eine bankentechnische Antwort gegeben wurde. Das ist eine Antwort, die nicht angeht, sie ist in sich unrecht und darf nicht so stehen bleiben. Dieselbe Antwort wurde aber noch im heurigen Jahr, im Juni 1998, vom Sekretär des Finanzministers in einer historisch völlig unkritischen Art und Weise wiederholt. Dieser Sekretär des Finanzministers, Herr Holnsteiner, meint, daß Bankenkonzessionen, die man diesen Opfern widerrechtlich! weggenommen hat, nicht wieder vergeben werden können. Er argumentiert also im Jahre 1998 mit dem Schutz der öffentlichen Ordnung und wirtschaftlichen Interessen. Es ist eine neue Ordnung eingekehrt, und diese wird eben verteidigt.