Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 103

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Trattner und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bankenaufsicht und Riegerbank (5129/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 5129/J auf.

Da diese Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Österreichs Banken sind einer spezifischen Aufsicht und Kontrolle unterworfen, und zwar vor allem durch die Bankenaufsicht im Bundesministerium für Finanzen. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe wird die Bankenaufsicht durch die Oesterreichische Nationalbank unterstützt.

Hauptaufgabe der Bankenaufsicht ist die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bankwesens und insbesondere auch der Gläubigerschutz. Die Bankenaufsicht ist daher zum Eingreifen verpflichtet, falls für die Erfüllung der Verpflichtungen einer Bank gegenüber ihren Gläubigern Gefahr bestünde. Das Bankwesengesetz stellt der Bankenaufsicht neben der Konzessionserteilung, Maßnahmen gegenüber sogenannter Problembanken zur Abwendung möglicher Insolvenzen und unter anderem auch die Möglichkeit der Rücknahme der Konzession als Aufsichtsmittel zur Verfügung. Organe der Bankenaufsicht sind das Bundesministerium für Finanzen als Bankaufsichtsbehörde, Staatskommissär, Regierungskommissär, Bankprüfer, die OeNB und Sonderprüfer. Im Finanzministerium sind derzeit in der Gruppe Bankenaufsicht zwischen 25 und 30 Personen mit der Bankenaufsicht betraut. Darüber hinaus sind weitere rund 200 Bedienstete als Staatskommissäre bestellt, wobei die Bestellung nicht aufgrund fachspezifischer Vorkenntnisse erfolgt.

Bei einer Prüfung der Bankenaufsicht durch den Rechnungshof im Jahre 1993 wird heftige Kritik an der Bankenaufsicht geübt:

‚Die im Vergleich zum Aufgabengebiet sparsame Personalausstattung zwang dazu, nach einer Prioritätenreihung in erster Linie Problemfälle eingehend zu besichtigen. ... Eingehende Kontrollschritte setzten spät, häufig erst nach Eintritt einer Gefährdung ein. Für aufsichtsbehördliche Gegenmaßnahmen vor Ausbruch der Gefährdung fehlte auch ein einsatzbereites und aussagekräftiges Frühwarnsystem, an dessen Entwicklung das BMF allerdings arbeitete. ... Der Rechnungshof bemängelte, daß eingehende Kontrollhandlungen häufig verhältnismäßig spät einsetzten und weiterhin auf dem Zufallsprinzip beruhten. Die Kontrolle auf der Grundlage des Dritten Quartalsberichtes erfolge etwa im November, ..., so daß drohender Schaden nicht mehr rechtzeitig erkannt und bekämpft werden könne. Der Rechnungshof drängte daher auf die Fertigstellung eines funktionsfähigen Früherkennungssystems auf der Grundlage aussagefähiger Kennzahlen als wertvolles Hilfsmittel der Mißstandskontrolle. ... Der Rechnungshof bemängelte die zögernde und wenig zielstrebige Bearbeitung durch die Aufsichtsbehörde. ... Insbesondere beanstandete der Rechnungshof das Fehlen energischer Aufsichtsmaßnahmen, weil die überwiegend gehandhabte Einholung von Auskünften kaum erfolgversprechend war.‘

Quasi als Bestätigung der Rechnungshofkritik spielte die Bankenaufsicht im Zusammenhang mit der Insolvenz der Bank für Handel und Industrie (BHI) im Jahr 1995 eine unrühmliche Rolle. Schon in den Jahren zuvor stand das Verhalten der Bankenaufsicht regelmäßig im Schußfeld öffentlicher Kritik, wie zum Beispiel 1992 beim Bankhaus Rössler in Wien, 1993 bei der EffectInvest, der heutigen Diskont Bank, und 1994 bei den sogenannten ‚Karibik-Geschäften‘ der BAWAG.

Trotz der deutlichen Kritik durch den Rechnungshof und trotz oben angeführter Problemfälle hielt es der Bundesminister für Finanzen nicht notwendig, die Bankenaufsicht zu einem durchschlagskräftigen Kontrollorgan umzugestalten. Entsprechende Anträge der Freiheitlichen wurden immer mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite