Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 126

chen, aber gerade bei der Bank, lückenlos alle Gläubiger bezüglich aller Forderungen, die die Bank hat, direkt anschreiben, alle anderen Geschäftspartner anschreiben, muß sich an seine eigene Adresse – nicht an die Adresse seines Vorstandes – die Bestätigung kommen lassen, ob die Kontostände stimmen. Das kann gar nicht geschehen sein. Ich behaupte daher nicht mehr und nicht weniger, als daß die Kanzlei Türke und Co. eigentlich gar keine Prüfung vorgenommen hat.

Damit kommt der Vorwurf des bedingten Vorsatzes des Abschlußprüfers. Dieser bedingte Vorsatz des Abschlußprüfers besagt klar, daß die Anleger damit das Recht haben, sich am Wirtschaftsprüfer ohne jede Haftungsbeschränkung schadlos zu halten. Ob sie weitergehen und eine Amtshaftungsklage gegen die Bankenaufsicht machen werden, wird wohl den Gläubigervertretern zu überlassen sein.

Die Bankenaufsicht hat in diesem Fall meiner Ansicht nach schmählich versagt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was wir daraus lernen sollten, meine Damen und Herren, ist, daß es nicht nur genügt, wie Nowotny zu sagen: Wir haben einen funktionierenden Kreditapparat. Da haben Sie recht, Herr Professor! Aber was wir brauchen, sind nicht in erster Linie neue Gesetze, sondern wir brauchen in erster Linie die klare Zuordnung von Verantwortung und die Durchführung der bestehenden Gesetze. Das ist jedoch nicht der Fall gewesen!

Die nächste Frage, die wir uns dann stellen können, ist, wieweit wir ohne Anlaßgesetzgebung das Kontrollsystem in unserem Bankenapparat reformieren und neu gestalten müssen. Im Moment geht es aber darum, daß die Einhaltung der bestehenden Gesetze schwer verfehlt wurde. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben heute wörtlich gesagt, daß Ihrer Meinung nach die Bankenaufsicht diesen Kriminalfall aufgedeckt hat. (Abg. Mag. Stadler: Er hat auch gesagt, zur Flucht veranlaßt!) Auch zur Flucht veranlaßt und dann aufgedeckt. Herr Bundesminister! Ich kann nur hoffen, daß Sie diese Aussage besser argumentieren können, als Sie es heute getan haben. Denn ich wiederhole, was ich gestern schon gesagt habe: Wenn man sich die fünf Institutionen anschaut, die in erster Linie tätig werden sollen und tätig werden müssen – das ist erstens der Aufsichtsrat, das sind zweitens die Wirtschaftsprüfer, drittens die Bankenaufsicht, viertens die Nationalbank und fünftens die Justiz (Abg. Smolle: Und die Finanzverwaltung! Finanzamt!); na ja, das ist noch das geringste Problem in diesem Zusammenhang, aber bitte; sechstens die Finanzämter –, dann kann ich von außen her nur sagen: Die einzige Institution, bei der man über die letzten 15 Jahre nachvollziehen kann, daß sie einen Kleinkrieg, wenn man so will, gegen die Riegerbank geführt hat, und zwar erfolglos, war die Nationalbank und nicht die Bankenaufsicht!

Sie werden das sicherlich noch besser begründen können, Herr Bundesminister, aber ich kann nur sagen, die alternative Interpretation würde bei heutigem Stand lauten – das könnte man für genauso plausibel halten –, daß die Bankenaufsicht diesem Kleinkrieg über all die Jahre amüsiert zugesehen und einmal gewartet hat, wer in diesem "interessanten" Spiel gewinnt. Hat die Bankenaufsicht das als Privatfehde zwischen einigen Leuten in der Nationalbank und Herrn Rieger betrachtet? – Ich stelle nur die Frage, denn es ist undenkbar, daß die Nationalbank nicht laufend – damit meine ich nicht jedes Jahr, sondern jeden Monat – die Bankenaufsicht über ihren Verdacht bezüglich Bilanzfälschungen, ihren Verdacht bezüglich Urkundenfälschung, Geldwäsche informiert hat.


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