Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 185

nicht neu! Dazu dient ja der EU-Ratsvorsitz. Das ist sozusagen der Auftakt zum Wahlkampf. Daß Sie sich deswegen aber in der Koalition fesseln lassen, meine Damen und Herren, das haben sich etwa die Sudetendeutschen nicht verdient! Daher erklären Sie heute, wie Sie gedenken, aus dieser politisch verfahren Sackgassensituation herauszukommen! Jetzt haben Sie Gelegenheit dazu, Herr Vizekanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. König. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.36

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Stadler, wenn Sie zum Thema gesprochen hätten (Abg. Mag. Stadler: Das habe ich!), hätten Sie wahrscheinlich einen anderen Ton angeschlagen. Das Theater, das Sie hier zu der ernsten Frage der Menschenrechte aufgeführt haben, muß für jedermann, dem die Menschenrechte ein Anliegen sind, eine beschämende Sache sein! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: War das alles? Ich habe geglaubt, es kommt noch etwas! Er ist auch scheinaktiv!)

Zum Antrag der Kollegin Gredler möchte ich folgendes sagen: Kollegin Gredler hat hier ein Anliegen vertreten, das wir eigentlich alle vertreten. Aber der Weg, den sie mit diesem Antrag vorschlägt, ist das Gegenteil dessen, was man sinnvollerweise zur jetzigen Zeit zur Förderung und Erreichung dieses Zieles tun kann. Kollege Schieder hat völlig recht, wenn er sagt: Es gibt Zeiten, in denen man diese Frage massiv und dynamisch in den Vordergrund rücken muß, und es gibt Zeiten, in denen man verhandeln kann, weil die Chance besteht, etwas zu erreichen.

Ich komme von einer Parlamentarierdelegation, die ich jetzt zwei Wochen lang nach China geführt habe. Ich muß Ihnen sagen: Was die EU und vor allem der Vorsitzende, Außenminister Dr. Schüssel, in China erreicht haben, ist ungeheuerlich. Das ist ja nicht zu glauben! (Zwischenrufe, ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Lachen Sie nicht! Sie haben ja keine Ahnung von den Dingen!

In China hat die Regierung bereits die Deklaration über bürgerliche und politische, zivile, kulturelle und soziale Rechte, über die UNO-Menschenrechte, unterzeichnet und jetzt dem Ratifikationsprozeß zugeleitet. Bekanntlich ist das keine revolutionäre Entwicklung, die von selbst kommt, sondern diese wurde mühsam eingeleitet. Das kann man doch wohl als Erfolg bezeichnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im heurigen Jahr wird ein EU-Seminar über Menschenrechte in Wuhan mit internationaler Beteiligung durchgeführt. So etwas war früher undenkbar! Im Jahre 1976 gab es überhaupt keine ausgebildeten Juristen in China. Heute ist der Justizminister ein promovierter Jurist, und die Regierung selbst mit Staatspräsidenten Jiang Zemin an der Spitze hat ganz offen, wie am 21. Oktober in "China Daily" zu lesen ist, gesagt, daß sich China bei der UNO dafür einsetzen wird, daß die Menschenrechte progressiv weltweit weiterentwickelt werden. So etwas war früher nicht denkbar! In einer solchen Situation eine Verurteilung Chinas zu verlangen, wie es im Antrag steht, ist bei aller Gleichheit der Ziele wirklich der falsche Weg! Das ist kontraproduktiv und wird deshalb von uns abgelehnt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich nun ein ernstes Wort an die Freiheitliche Partei in der Frage der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen richten. Darin sind menschenrechtswidrige Passagen enthalten, die keinen Bestand haben können. Auch in diesem Zusammenhang kommt es darauf an, daß man in der Sache etwas erreicht. Es bringt jedoch nichts, wenn man lautstark protestiert, in der Sache aber nichts bewirken kann.

Wir müssen feststellen, daß die Osterweiterung mit der Annahme des Acquis Communautaire der EU verbunden wäre. Diese bricht nationales Recht, auch Verfassungsrecht, sodaß all diese Bestimmungen jedenfalls ab diesem Zeitpunkt pro futuro nicht mehr gelten. Und wenn sie nicht mehr gelten, besteht die Chance, daß man sie auch für die Vergangenheit beseitigen kann, weil sie dann nicht mehr jene Bedeutung haben, die sie jetzt noch für diese Länder haben. Aber das ist eine mühevolle Sache. Daher ist die Politik, die Außenminister Schüssel mit persönlichen


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