Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 186

Gesprächen und unter Bedachtnahme auf die dort herrschende Situation verfolgt, meiner Meinung nach viel zielführender, als lautstark eine Situation zu schaffen, bei der sich die Fronten so verhärten, daß letzten Endes nichts, aber auch gar nichts für die Betroffenen erreicht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Vizekanzler Dr. Schüssel. – Bitte, Herr Vizekanzler.

20.40

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Ich wollte am Beginn meiner Ausführungen eigentlich allen Fraktionen danken, weil es ja ungewöhnlich ist, daß bei einer so wichtigen Entschließung ein Fünf-Parteien-Beschluß zustande gekommen ist, und ich habe eigentlich auch gehofft, daß sich dieser Geist, der die Debatte und die Arbeit im Ausschuß geprägt hat, in der Plenardiskussion fortsetzen wird. Ich habe daher nicht die Absicht, jetzt auf Polemiken, die hier gegen mich oder gegen meine Politik gestartet wurden, oder auf Zeitungsmeldungen, die mit der Sache nichts zu tun haben, einzugehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich tue das deshalb – und ich sage das auch ganz offen –, weil ich weiß, daß in Österreich Zehntausende Menschen freiwillig, ehrenamtlich Menschenrechtsbasisarbeit leisten und es auch verdienen, daß alle fünf Fraktionen plus Regierung ihrer Arbeit auch durch die Qualität ihrer Diskussion hier Achtung und Wertschätzung zollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich akzeptiere absolut, daß einzelne Fraktionen oder Parlamentarier in der einen oder anderen Frage der Meinung sind, die Bundesregierung oder im speziellen der verantwortliche Außenminister, der ja in Österreich koordinierend auch für die Menschenrechte zuständig ist, kann mehr machen oder hätte in dieser oder jener Frage aggressiver, aktiver auftreten können. Das akzeptiere ich alles, und das kann man ruhig auch sachlich austragen.

Nur eines sollte man doch außer Streit stellen: daß gerade die Menschenrechtsfrage eine der zentralen Prioritäten unserer Präsidentschaft darstellt, und in diesem Jahr – ich rechne es jetzt zusammen, denn im Rahmen der Troika spielen wir ja auch von Anfang an eine gewisse Rolle – ist wirklich etwas weitergegangen. Man muß blind sein, wenn man das nicht auch begreift und feststellt – bei aller kritischen Würdigung. Wenn hier das Wort "scheinaktiv" gebraucht worden ist, so darf ich einmal aufzählen, was alleine in diesem Bereich, im Bereich der Menschenrechte von der Bundesregierung, von der Staatssekretärin oder von mir ganz konkret gearbeitet wurde.

Zu China haben sowohl Peter Schieder als auch andere Redner und vor allem mein Vorredner Fritz König einiges gesagt. Ich war im März – das ist ein halbes Jahr her – in Peking und habe dort neben vielen anderen Gesprächen das erste wirklich offene Gespräch mit Qian Qichen, dem damaligen Vizepremierminister – das ist er noch immer – und Außenminister – das ist er heute nicht mehr – geführt. Zum ersten Mal war ein echter Dialog möglich, und es ist etwas weitergegangen. Damals hat er zum ersten Mal angekündigt, daß sie diese zwei wichtigen UNO-Konventionen ratifizieren beziehungsweise unterzeichnen werden.

Sie haben Taten verlangt, hier sind sie: China hat Wort gehalten. Ich bin der letzte, der sagt, die Situation ist deswegen schon perfekt, aber in diesen Tagen, in diesen Wochen – und da sprechen Sie von Scheinaktivität! – sind Strafrechtsjuristen aus ganz Europa in China. (Abg. Mag. Stadler: Weiß das der Bundeskanzler auch?) Herr Kollege, seien Sie doch ein bißchen ... (Abg. Mag. Stadler: Ich frage ja nur!) Nicht immer alles auf diese Primitivebene bringen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Weiß das der Bundeskanzler?)

Wichtiger ist doch, daß man weiß, was sich abspielt. Es sind jetzt Dutzende europäische Strafrechtler nach China eingeladen worden, um mit ihren chinesischen Widerparts darüber nachzudenken, wie man das chinesische Strafrecht auf einen internationalen Standard bringen kann. Es sind Experten da, die sich ansehen, wie man die Situation in den Gefängnissen, in Anstalten untersuchen kann. Es sind, gerade als Jacques Santer, der Präsident der Europäischen Kommission, in China war, Frauenorganisationen aus der ganzen Welt unter der Federführung der Union zusammengekommen, um die Rechte der Frau in China zu diskutieren. Das ist etwas!


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