Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 199

21.37

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Manchmal kommt es vor, daß im Getriebe der Politik eine gute Idee oder eine gute Maßnahme in der administrativen Geschäftigkeit nicht ganz im beabsichtigten Sinne umgesetzt wird. Das betrifft auch jene Regierungsvorlage zur Kündigung des bilateralen Abkommens mit Südafrika bezüglich der Gebührenfreiheit.

So gut – das hat mein Vorredner gesagt – die Idee eines großen Raums in Europa aufgrund des Abkommens von Schengen ist, in dem es keine Grenzen und keine Grenzkontrollen mehr gibt, so vorsichtig muß das Ganze gehandhabt werden, damit es nicht zu einer Festung Schengen kommt und wir einfach administrativ – und das dürfte hier der Fall gewesen sein – alles zumachen, aus, Schluß, der Exekutivrat hat beschlossen, sondern vielmehr eine politische, aber auch eine kulturelle – darauf möchte ich bestehen – Diskussion darüber stattfindet, welche Beziehungen zu manchen Ländern bestehen.

Ich möchte ein Beispiel aus der bilateralen Visageschichte Österreichs nennen: Österreich hatte mit dem kleinen Karibikstaat St. Lucia mit 200 000 Einwohnern Visafreiheit und Gebührenfreiheit. Warum? – Das Archäologische Institut der Universität Wien hat dort interessante ethnologische und archäologische Ausgrabungen durchgeführt, und es gab in gewissem Ausmaß auch Tourismus mit diesem Staat. Deshalb hat man zur gegenseitigen Erleichterung dieses Abkommen getroffen. Das war kein Vertrag – deshalb mußten wir ihn nicht kündigen –, sondern nur ein Notenwechsel, der Visafreiheit und Gebührenfreiheit vorsah.

Ähnliche Dinge sollten in diesem größeren Europa der Schengen-Staaten auch möglich sein, etwa – wie der Herr Vizekanzler im Ausschuß gesagt hat – betreffend die Beitrittswerber Estland oder die anderen zwei baltischen Staaten, die noch nicht Beitrittswerber sind. Auch diesbezüglich ist zu überlegen, ob wir die Schotten dichtmachen müssen. Deshalb ist es so wichtig, daß dieser Entschließungsantrag, den ich nun, nachdem er schon dreimal erwähnt wurde, einbringe, auch beschlossen wird. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsson, Platter, Leikam, Dr. Gredler, Mag. Kammerlander und Genossen betreffend die Überprüfung der Politik im Bereich der gemeinsamen Sichtvermerksregelung im Rahmen des Schengener Exekutivausschusses

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung/der zuständige Bundesminister wird ersucht, sich im Rahmen des Schengener Exekutivausschusses für eine Überprüfung der Politik im Bereich der gemeinsamen Sichtvermerksregelung und der Einhebung entsprechender Gebühren einzusetzen und insbesondere eine Diskussion über die Kriterien, auch unter politischen und kulturellen Aspekten, die den diesbezüglichen Entscheidungen des Exekutivausschusses zugrunde liegen, zu initiieren.

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Aber ich möchte diesen Tagesordnungspunkt nicht vorübergehen lassen – mein Vorredner hat gesagt, daß die Sicherheit Europas mit diesen polizeilichen Maßnahmen des Schengen-Abkommens gewährleistet ist –, ohne darauf hinzuweisen, daß die Polizei allein die Sicherheit nicht garantiert. Es mehren sich die Berichte und Gutachten, aus denen klar wird, daß sich in Europa Sicherheitsrisiken ganz anderer Art aufbauen, nämlich dadurch, daß die Atomwaffen teilweise vor sich hin rotten und das ganze System noch immer so aufgebaut ist, als hätten wir zwei Blöcke und den Kalten Krieg.


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