Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 212

kurz gegriffen. Denn es ist nicht entscheidend, ob ganz Polen, ganz Ungarn oder ganz Tschechien dieselben oder ähnliche Wirtschaftsdaten wie Österreich oder Deutschland haben. Vielmehr ist entscheidend, ob es an den Grenzen eine regionale Wirtschaftsentwicklung gibt, die den Übergang von einem Land zum anderen harmonischer macht.

Was meine ich zum Beispiel? – Es tut der europäischen Integration keinen Abbruch, daß zum Beispiel in Südspanien die Arbeitslosenrate leider nach wie vor 20 Prozent beträgt. Viel wichtiger war, daß es im Norden Spaniens, in Katalonien, eine Wirtschaftsentwicklung gegeben hat, die dazu geführt hat, daß zwischen Südfrankreich und dem Norden Spaniens heute de facto keine ökonomischen Unterschiede mehr bestehen und damit ein Zusammenwachsen mit all den positiven Konsequenzen möglich war. Es hat keine Wanderungsbewegung beziehungsweise keine Flucht hin an den Platz gegeben, wo es höhere Löhne geben würde oder ähnliches.

Wenn man das differenziert betrachtet, dann sieht man, daß in der Vorbereitung der Osterweiterung bereits heute sehr unterschiedliche Entwicklungen in den osteuropäischen Staaten vor sich gehen. Sehen Sie sich zum Beispiel die ökonomische Lage in Westungarn an: Diese unterscheidet sich bedeutend von der Entwicklung jener Gebiete, die weiter entfernt sind vom bisherigen Bereich der Europäischen Union. Ich glaube daher, daß es notwendig ist, viel mehr darüber nachzudenken, wie die neuen grenzüberschreitenden Räume gestaltet werden können.

In diesem Zusammenhang sage ich auch ganz offen etwas zur Frage der bisherigen Grenzregionen Österreichs. (Abg. Ing. Nußbaumer: Es würde auch zu kurz greifen, wenn Sie die Landwirtschaft nicht einbinden!) Herr Kollege Nußbaumer! Reden wir ganz offen! Wir haben doch jahrzehntelang argumentiert, daß der Entwicklungsnachteil zum Beispiel des Wald- und des Weinviertels darin besteht, daß es an der toten Grenze, am Eisernen Vorhang liegt und daher kein ökonomisches Hinterland vorhanden ist. Wenn jetzt die Frage der Osterweiterung auf der Tagesordnung steht, dann müssen wir uns dessen bewußt sein, daß erst durch die Osterweiterung die Möglichkeit besteht, daß auch die bisherigen Grenzbereiche Österreichs die Chance bekommen, gemeinsam mit den stärksten Wachstumspolen des Ostens zu Zonen grenzübergreifenden Wirtschaftswachstums zu werden.

Daher bin ich der Meinung, daß manchmal auf Basis falscher Unterstellungen Ängste geschürt werden, die in Wirklichkeit nicht im wohlverstandenen Interesse Österreichs gelegen sind. Denn bei aller politischen Bedeutung der Osterweiterung für Gesamteuropa muß völlig klar sein, daß einer der Hauptprofiteure politisch, ökonomisch und langfristig auch sozial Österreich sein wird. Österreich wird in Zukunft im Herzen eines zusammenwachsenden Europa mit allen ökonomischen Vorteilen liegen, und diesen Kernpunkt sollte man in der politischen Debatte außer Streit stellen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Smolle zu Wort gemeldet.

Ich bitte, den zu berichtigenden Tatbestand zu definieren und diesem den tatsächlichen gegenüberzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.36

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter König hat behauptet, daß die Liberalen – Frau Gredler oder ich – gesagt hätten, daß wir dafür seien, daß die Osterweiterung ohne Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt.

Ich stelle hiermit klar fest: Wir sind der Auffassung, daß die Voraussetzungen, Acquis communautaire und auch die Kopenhagener Erklärung, von diesen Staaten zu erfüllen sind. Daß ich das so gesagt habe, beweist auch die Tatsache, daß die FPÖ nunmehr mitgeht, weil sie verstanden hat, daß auch Menschenrechte und Volksgruppenrechte damit gemeint sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.37


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