Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 25

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Das ist eine qualitative Weiterentwicklung des Gesetzes, die sicherstellen soll, daß soziales Leid aus diesem Aspekt nicht mehr möglich ist. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten dürfen Sie daher ersuchen, das, was Sie bisher in die Diskussion eingebracht haben, nämlich Ihre Ablehnung zu diesem Entwurf, zu überdenken und diesem Vorschlag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Thema der Aktuellen Stunde gelangt nunmehr der Herr Bundesminister zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

10.13

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justizpolitik muß sich mit sich wandelnden sozialen und ökonomischen Verhältnissen auseinandersetzen und Lösungen für neue Gegebenheiten finden. Andernfalls würde ein unerträgliches Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf der einen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität auf der anderen Seite entstehen – ein Spannungsverhältnis, das die Akzeptanz des Rechts beim Bürger in Frage stellen und letztlich das Vertrauen des Bürgers in den Rechtsstaat gefährden könnte.

In diesem Sinne habe ich Justizpolitik immer verstanden und glaube, sagen zu können, daß es in den letzten Jahren keinen Stillstand in der Justizpolitik gegeben hat. Insbesondere ist es im nun zu Ende gehenden Jahr 1998 gelungen, eine Reihe wichtiger und schwieriger Gesetzgebungsvorhaben zu verwirklichen, mit denen der Gesetzgeber auf besondere Herausforderungen unserer Zeit Antwort gegeben hat. Denken Sie etwa an die Gentechnikhaftungsbestimmungen, das Atomhaftungsgesetz, das Übernahmegesetz, das Eurojustizbegleitgesetz und das Strafrechts-Änderungsgesetz 1998. Es freut mich, daß diese Gesetze überwiegend auch mit den Stimmen der Oppositionsparteien verabschiedet werden konnten.

Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß es auch weiterhin keinen Stillstand in der Justizpolitik geben wird. In dem vor uns liegenden Teil der Legislaturperiode arbeiten wir noch an weiteren wichtigen Reformprojekten.

Von meinem Vorredner schon erwähnt wurden die beiden – auch einen Schwerpunkt in der öffentlichen Diskussion bildenden – Reformvorhaben einer Ergänzung der Strafprozeßordnung zur Schaffung dauerhafter gesetzlicher Grundlagen für den außergerichtlichen Tatausgleich und andere Formen der Diversion, sowie das Ehe- und Scheidungsrechts-Änderungsgesetz, bei dem es uns vor allem darum geht, den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten – während aufrechter Ehe und im Falle des Scheiterns der Ehe – wirksamer zu schützen.

Von den übrigen Legislativvorhaben möchte ich nur die wichtigsten nennen: eine umfassende Änderung des Kindschaftsrechtes, mit dem die Rechte des Kindes ausgebaut, sein Wohl im Falle der Trennung seiner Eltern besser gewährleistet und seine Stellung im Pflegschaftsverfahren gestärkt werden sollen.

Weiters beabsichtigen wir eine Reform des Sachwalterrechts, mit dem der Schutz der Persönlichkeitsrechte psychisch kranker und geistig behinderter Menschen insbesondere in Heimen und anderen Pflegeeinrichtungen verbessert, eine Lösung für das Problem der steigenden Zahl von Sachwalterschaftsbestellungen gefunden und die Qualität der Betreuung durch Sachwalter verbessert werden sollen.

Weiters planen wir Reformen auf dem Gebiete des Berufsrechtes der Rechtsanwälte und Notare, mit denen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit in freien Rechtsberufen an die ökonomischen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit angepaßt werden sollen.

Weiters fassen wir eine Reform des Genossenschaftsrechtes ins Auge, mit der die zum Großteil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Rechtsvorschriften für diese Gesellschaftsform im


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