Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 60

Der zweite Punkt ist aber der wesentlich gravierendere. Zwischen Kleinst- und Kleinbetrieb gibt es gravierende Unterschiede. Ob das jetzt ein Kleinstbetrieb im graphischen Bereich ist, ob das ein Kleinstbetrieb in Form einer Metallbude oder einer Tabaktrafik ist, macht in bezug auf den Arbeitnehmerschutz und das, was da zu überprüfen und zu begehen wäre, einen gravierenden Unterschied. Und dieser Unterschied findet sich leider nicht ausreichend geregelt in diesem Gesetz wieder. Es gibt darin keine klar festgelegten Mindesteinsatzzeiten, und wir haben nach wie vor das Problem, daß hier nicht differenziert wird zwischen der Art von Betrieben, die begangen werden sollen. Und das halte ich wirklich für die Crux dieser Novellierung.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem, und das betrifft die Institution, die hauptverantwortlich für den Arbeitnehmerschutz in Klein- und Kleinstbetrieben ist, nämlich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Ich kann nur noch einmal deutlich wiederholen, daß ich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt nicht für optimal geeignet halte, in den Klein- und Kleinstbetrieben den entsprechenden Arbeitnehmerschutz über diese Art der Regelung sicherzustellen. Ich halte das für ein Problem.

Die Unfallversicherungsanstalt betreibt sehr gute Unfallspitäler, ja, die Unfallversicherungsanstalt hat es in den letzten zehn bis zwanzig Jahren jedoch nicht geschafft, im präventiven Bereich tätig zu werden. Die Unfallversicherungsanstalt hat keinerlei Anstrengungen unternommen, um das zu machen, was die deutschen Berufsgenossenschaften in diesem Bereich seit Jahren praktizieren: die Betriebe mit umfangreichen Informationen, mit Kampagnen, mit Aktionen betreffend bessere Prävention zu versorgen und wirklich Wert darauf zu legen, daß das in den Betrieben auch geschieht. Das ist ja auch in der Bundesrepublik Deutschland eine freiwillige Interessenvertretung, und dort funktioniert das ausgezeichnet, wobei zu sagen ist, daß hiefür wesentlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, als das in Österreich jemals der Fall war.

Das Erstaunliche – ich wiederhole es noch einmal, Frau Bundesministerin – ist ja, daß wir in bestimmten Bereichen scheinbar besser sind als die Bundesrepublik Deutschland, was Berufskrankheiten betrifft. Das stimmt aber nicht, es stimmt nicht Frau Bundesministerin, sondern das wirklich Erstaunliche ist, daß die Unfallversicherungsanstalt im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland, wo ein entsprechendes Gesundheitsbewußtsein geweckt und gefördert wurde, keine diesbezüglichen Anstrengungen unternommen hat.

Die Resultate erleben wir immer wieder bei Fällen wie etwa dem Mozarteum. Dafür ist zwar die Unfallversicherungsanstalt, würde ich einmal meinen, nicht direkt zuständig (Bundesministerin Hostasch: Das glaube ich auch!), aber wir erleben es immer wieder: Es gibt in Österreich, was Arbeitnehmerschutz, was Umweltschutz in Betrieben betrifft, kein entsprechendes Bewußtsein. Es gibt hier keine Institutionen, die die Arbeit des Arbeitnehmerschutzes ausreichend unterstützen, betreuen und fördern würden. Und das ist der Vorwurf, den ich dieser Institution Unfallversicherungsanstalt mache, die jetzt eine große Verantwortung aufgebürdet bekommt, wobei ich nicht überzeugt bin, daß die vorgeschlagene Lösungsvariante eine optimale ist, weil tatsächlich etwas mehr Freiheit für den Arbeitnehmerschutz durchaus sinnvoller gewesen wäre.

Natürlich gibt es gut funktionierende arbeitsmedizinische Zentren, es gibt gut funktionierende Einzelbetreuungen durch Ärzte, aber das alles – diese Qualität von Arbeitnehmerschutz, die sich schön langsam entwickelt hat, über die arbeitsmedizinischen Zentren, über die Ärzte, die in den Betrieben den Arbeitnehmerschutz organisieren – läuft durch diese enge Anbindung an die Unfallversicherungsanstalt – ich sehe die Geldprobleme der Unfallversicherungsanstalt schon kommen – Gefahr, wieder auf einen Level minimiert zu werden, der den Betrieben nicht guttut. Er tut ihnen deshalb nicht gut, weil möglicherweise die Anstrengungen, die große Betriebe als notwendig eingesehen und unternommen haben und sinnvollerweise auch deswegen unternommen haben, weil sie sich damit Kosten sparen, von den Klein- und Kleinstbetrieben – und es spricht ja auch diese Änderung Bände – auf einem Level betrieben werden, der leider zur Folge hat, daß der Arbeitnehmerschutz in Klein- und Kleinstbetrieben nicht besser oder gleich gut organisiert wird wie in den Großbetrieben. Gerade diese Klein- und Kleinstbetriebe hätten ihn aber, auch was die Unfallzahlen der Klein- und Kleinstbetriebe gegenüber Großbetrieben betrifft, dringender nötig als die Großbetriebe selbst. Aber da sorgen wir leider nicht für ausreichende Qualität.


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