Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 142

Natürlich gibt es manchmal Konflikte zwischen einzelnen Grundrechten, denn ich habe den Anspruch, in meiner Integrität geschützt zu werden, auch mit den Mitteln des Staates, so wie ich auch den Anspruch habe, daß meine Integrität nicht mit Hilfe der Mittel des Staates verletzt wird. Das kann manchmal zu konkreten Widersprüchen in den Abläufen führen, das ist ohne jeden Zweifel richtig, aber – und das bitte ich Sie doch zu bedenken – wenn dann Kollege Leikam in seinen Ausführungen hier sagt, zwei Drittel der Österreicher wollen mehr Polizeibefugnisse, stelle ich schon die Frage: Wollen Sie die Grundrechte nach Ergebnissen von Meinungsumfragen umordnen und sortieren oder wollen Sie in bestimmten Fragen des Persönlichkeitsschutzes standfest bleiben, und zwar auch dann, wenn Ihnen ein bestimmter Wind aus den Meinungsumfragen entgegenweht? Das wäre nämlich eine demokratische Verpflichtung der gewählten Vertreter in einer Republik und auch der Mitglieder der Bundesregierung. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen!)

Das Argument, daß zwei Drittel mehr Polizeibefugnisse haben wollen, ist ein sehr unreflektiertes Argument. Man müßte genauer wissen, wie die Fragestellung gelautet hat und so weiter. Ich meine, man sollte etwas behutsamer umgehen mit dem Spielen, mit dem Sich-darauf-Berufen, daß die Mehrheit das oder jenes will, weil es abgetestet sei. Ich meine, das wäre für die Grundrechte ungesund im eigentlichen Sinn des Wortes.

Jetzt zu den konkreten Aspekten, die hier drinstecken. (Abg. Parnigoni: Man darf also gar nicht darüber diskutieren Ihrer Meinung nach?) – Selbstverständlich darf man darüber diskutieren. Man muß sogar über solche Aspekte diskutieren. Das ist sehr wichtig! Hier ist die Politik vielfach gefordert, aber nicht, indem sie solche Anliegen einfach nur aufgreift und umsetzt, sondern indem sie sie aufgreift, erörtert und auf den richtigen Platz stellt. Das ist ein großer Unterschied. Und wenn Kollege Leikam sich darauf beruft, daß zwei Drittel mehr Befugnisse für die Polizei haben wollen, und meint, daß deswegen welche kommen müßten, dann ist das die falsche Begründung. Entweder sie sind notwendig aus bestimmten Gründen oder nicht – das wäre zu diskutieren.

Der Herr Bundesminister hat – eingehend auf ein paar Forderungen der Liberalen, zum Beispiel auf den Aspekt "black box" – interessante Ausführungen gemacht, und ich darf diese jetzt in der Zeitabfolge kurz analysieren.

Es ist uns darum gegangen, auf Möglichkeiten hinzuweisen, die es in modern organisierten Datenverwaltungen gibt, eine zusätzliche externe Kontrolle zu gewährleisten. Ich bringe in Erinnerung: Als der Datenskandal betreffend den mißbräuchlichen Handel durch Mitarbeiter des Ministeriums mit sogenannten Privatdetektiven offenkundig wurde, hat der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit auf die hohe Zahl der Zugriffe und auch auf die Unmöglichkeit, das zu kontrollieren, hinwiesen. Das habe ich noch im Ohr: Es seien viele Tausende Zugriffe, und daher sei es unmöglich, das zu kontrollieren. (Abg. Kiss: 30 Millionen!) Mag sein, es sind 30 Millionen, vielleicht auch mehr. Ich sage Ihnen, diese Zahl der Zugriffe ist in größeren Datenverarbeitungsanlagen Stand der Technik, und selbstverständlich wird dort alles protokolliert.

Der Bemerkung des Herrn Generaldirektors war eindeutig zu entnehmen, daß er aufgrund der Unmöglichkeit der Kontrolle auch gar keine hat durchführen lassen. Das hat uns sehr beunruhigt, und daher waren wir der Meinung: Hier ist ein Mehr an Kontrolle notwendig! Wir haben konkrete Forderungen in den Raum gestellt, zum Beispiel eine unabhängige Kontrolle. Selbst Kollege Kiss hat gerügt, daß es noch nicht einmal eine Innenrevision gibt. Also wäre eine Innenrevision schon ein erster Fortschritt, aber so würde sich die Schlüsselfrage: Wer bewacht die Wächter? nicht beantworten, wir bräuchten überdies auch noch eine unabhängige Kontrolle von außen und eine unabhängige – in dem Fall parlamentarische – begleitende Kontrolle. Die beiden zuletzt genannten Teile fehlen. Es gibt keine Außenkontrolle, und die parlamentarische Kontrolle kann nicht durchgeführt werden, wenn die Informationsflüsse in das Kontrollorgan Ausschuß nicht stimmen.

Heute sagt uns der Herr Bundesminister: Jeder Zugriff ist nachvollziehbar, alles wird protokolliert und drei Jahre lang aufgehoben, daher gebe es diese "black box" schon, das Problem sei in dieser Hinsicht gelöst.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite