Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 154

Eine andere Arbeitsuchende hat einen AMS-Kurs gemacht und war dort vielleicht nicht so brav, wie man es eben von Menschen, die in einer Situation sind, in der sie auf andere angewiesen sind, erwartet, nämlich daß sie schön still und brav sind und nicht widersprechen. Diese Frau war – das gibt sie selber zu – ein "bisserl renitent", wie sie es selber ausdrückt, worauf die Kursleiterin zu ihr gesagt hat, sie solle ein wenig ruhig sein, denn mit Vorstrafen sei das Pochen auf eigene Rechte sowieso nicht angebracht. – Soweit zum Datenschutz.

In dieser Situation haben wir dann erfahren, daß das Rote Kreuz ohnehin schon seit eineinhalb Jahren derartige Tests durchführt, und zwar mit Unterstützung des AMS. Nachdem wir das an die Öffentlichkeit gebracht hatten, hat sich – das ist ja noch bemerkenswert, wenn auch eine späte Einsicht – der Wiener Landesgeschäftsführer des AMS, Herr Klaus Werner, gemeldet und hat gesagt: Er hat das Rote Kreuz angewiesen, derartige Tests nicht mehr durchzuführen, weil eine Vermischung von Untersuchungen – jetzt auf einmal! – nicht mehr zulässig erscheint. – Ich teile seine Meinung, interessant ist nur, daß er erst aufgrund des Öffentlichmachens zu dieser Einsicht gekommen ist.

Dann haben wir Liberale gleich am ersten Plenartag an Sie, Frau Ministerin, eine Anfrage gerichtet, weil uns einerseits die Freiwilligkeit dieser Tests, wie sie in den Medien geschildert wurde, nicht glaubwürdig erschien – und immer noch nicht glaubwürdig erscheint – und weil wir andererseits Sorge hatten, welche Daten, und zwar sensible Daten, hier gesammelt werden, die sich dann beim AMS befinden – und das alles im Lichte sämtlicher Maßnahmen, die dieses Hohe Haus mit seinen Mehrheiten ständig beschließt: von Lauschangriff über Rasterfahndung bis hin zu einem bevorstehenden Sicherheitspolizeigesetz, mit all den Lücken, die wir kennen, und mit all den Durchlässigkeiten, die dann eine Persönlichkeitsschicht betreffen, von der wir einmal gesagt haben, daß sie geschützt gehört.

Und dann, Frau Ministerin, geben Sie uns eine Antwort – und diese ist der Grund, warum wir heute darüber reden wollen –, in der Sie sagen:

"Die beabsichtigten Testungen sind freiwillig und stehen in keiner Verbindung zur Beurteilung der AlVG-Leistungen. Die Teilnahme oder Verweigerung eines Tests hat daher keine Auswirkungen auf den weiteren Leistungsbezug, sondern dient der Beurteilung der Adäquatheit der angebotenen oder gewünschten Schulungen."

Frau Ministerin! Daß das eine Formalantwort ist, wie man sie dauernd bekommt, weiß man ja, aber wenn wir eine parlamentarische Anfrage in der Sensibilität dieser Frage an Sie richten, hoffen wir, daß Sie die Situation dieser Menschen ja kennen, denn das ist Ihr Ressort, Sie haben mit diesen Menschen ständig zu tun. Sie wissen daher, daß da von Freiwilligkeit überhaupt keine Rede sein kann. Sie wissen, daß Mitarbeiter des AMS, die einen Arbeitsuchenden vor sich haben und darüber entscheiden, ob dieser weitervermittelt wird oder nicht oder ob ihm die Notstandshilfe gestrichen wird, noch dazu belobigt werden, wenn sie Sanktionsmaßnahmen wie das Aussetzen von Zahlungen ergreifen. Es liegt also auf der einen Seite auf den Leuten des AMS ein gewisser Druck und auf der anderen Seite selbstverständlich ein umso größerer Druck bei den sogenannten KundInnen. Wenn einem so ein AMS-Mitarbeiter gegenübersitzt und fragt: Wollen Sie einen Test machen? und man dann mit einem Nein antwortet, weiß man doch, was das für einen bedeutet.

Sie gehen mit keinem Wort auf eine solche Situation ein, sondern Sie sagen formal, das sei freiwillig. – Die Formalität kannten wir schon, nur stimmt sie mit der Realität nicht überein. Und wir haben vermißt, daß Sie diese Situation auch nur mit einem Satz ansprechen. – Das ist die eine Seite.

Wenn Sie dann davon reden, wem diese Daten zur Verfügung stehen, und sagen, das Arbeitsmarktservice gebe die Testergebnisse nur an die getesteten KundInnen selbst weiter, ohne in irgendeinem Satz auch nur zu relevieren, daß auch Sie wissen, daß das nur formal richtig ist, in der Realität aber oftmals "durchlöchert" wird, oftmals dagegen verstoßen wird, dann haben wir einfach Angst und Sorge, daß Sie sich hier der Dimension nicht bewußt sind. Daher fragen wir


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