Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 170

Das Strickmuster ist immer das gleiche: Die Regierung braucht immer Jahre! Zuerst wird überhaupt dementiert, daß so etwas notwendig ist, und dann braucht es Jahre, um Verbesserungen in Gang zu setzen. Die Verbesserungen, die heuer im Juli beschlossen wurden, waren wirklich geringfügig, und gerade in den mir wichtig scheinenden Bereichen hat sich nichts getan.

Ein Bereich von Berufskrankheiten, der immer stärker im Wachsen begriffen – das Thema ist heute schon angesprochen worden –, sind Erkrankungen und Schädigungen des Bewegungs- und Stützapparates, vor allem die sogenannten Bandscheibenschäden. Kollege Öllinger hat nun in seinem Antrag festgestellt, daß ein Unfallversicherungsträger aufgrund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellen soll, daß diese Krankheit ausschließlich und überwiegend bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist.

Dazu ist zu sagen, daß es besonders Frauen sind – zum Beispiel Kellnerinnen, zum Beispiel Arbeiterinnen in Fabriken –, die davon betroffen sind. Und bei den Frauen kommt noch ein Problem hinzu, und das möchte ich in diesem Zusammenhang auch einmal hier präsentieren: Immer wieder kommen bedauernswerte Frauen zu mir, die sich nach mehreren Bandscheibenoperationen trotz Stützmiedern und ähnlichem kaum noch aufrecht halten können, aber weil sie keinen Berufsschutz haben, weil sie unter Umständen auch noch das "Pech" haben, verheiratet zu sein, und daher für sie kein unmittelbarer Notstand ausgebrochen ist, werden sie wieder auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zurückgeführt, obwohl ihr Gesundheitszustand – und das ist ja durch die Erkenntnisse des Arbeits- und Sozialgerichtes erwiesen – es nur zulassen würde, daß sie maximal zwei bis drei Stunden täglich arbeiten, und das abwechselnd in sitzender, stehender und gehender Haltung. Ein geeigneter Arbeitsplatz ist für diese Frauen natürlich nicht zu finden.

Diese Frauen können daher in diesem Zustand auch keine Pensionszeiten erwerben. Es wäre also wirklich sinnvoll, wenn man zumindest auch in diesem Bereich anerkennen würde, daß die Schädigung durch die Ausübung des Berufes entstanden ist und daß sie zumindest einen Anspruch auf eine Invaliditätsrente haben, wenn man ihnen schon aufgrund des fehlenden Berufsschutzes alles andere verweigert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt einen Punkt, auf den ich neuerlich hinweisen möchte. Derzeit passiert folgendes in Österreich: Man versucht auf Kosten der Freiwilligkeit Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar im Bereich der Pflegehelfer, im Bereich der – das ist derzeit geplant – Notfallsrettungssanitäter. Diese Menschen haben eine Ausbildungszeit von 1 200 Stunden. Bei den Pflegehelfern ist es schon so, bei den Notfallsrettungssanitätern ist es geplant, aber es gibt für sie keinen Berufsschutz!

Wie stellt man sich das vor? – Wenn diese Rettungssanitäter 20 Jahre lang Menschen über Stiegen hinauf- und hinuntertragen müssen, dann haben sie mit 50 ein kaputtes Kreuz, und dann stehen sie da, können keinen Beruf mehr ausüben und haben keinen Anspruch auf irgendeine staatliche Unterstützung. Ich finde, da müßte man sich seitens der Sozialdemokraten wirklich einmal etwas überlegen. Und wenn Kollege Dietachmayr gesagt hat: Ja, da wäre schon etwas denkbar, aber so einfach ist die Materie nicht!, dann frage ich ihn wirklich: Wenn etwas denkbar wäre, warum haben Sie es dann noch nicht getan?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

19.19

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann mich in Anbetracht der Tatsache, daß sich die VorrednerInnen schon ziemlich klar geäußert haben, kurz fassen. Ich halte es für wirklich wichtig, daß wir in das einschlägige Gesetz eine Bestimmung hineinbringen, die im Effekt die eigentliche Bestimmung wäre, nämlich die Generalklausel im eigentlichen Sinne des Wortes, in einer moderaten Form formuliert, sodaß sich das, was wir bisher gemacht haben, nämlich die taxativen Aufzählungen, dann als das darstellt, was es ist: als Fälle, bei denen außer Zweifel steht, daß eine Berufskrankheit vorliegt.

Wir brauchen diese Generalklausel deswegen, weil sonst ein "Bäumchen wechsle dich"-Spiel mit den Betroffenen gespielt wird, letztlich ausschließlich zur Schonung der Kassen der verant


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