Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 63

12.35

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter Öllinger! Sie haben mich wegen zweier Dinge konkret angesprochen. Auch wenn ich es nicht für notwendig erachte, hier noch einmal Stellung zu nehmen, möchte ich aber der Höflichkeit halber Ihre Fragen beantworten.

Es gibt eine klare gesetzliche Regelung, die am 11. Juni des vergangenen Jahres beschlossen wurde, und zwar aufgrund einer Gesetzesinitiative von meinem Haus und mir, nämlich daß Minderjährige, die in Österreich groß geworden sind, die in Österreich geboren und kriminell geworden sind, nicht abgeschoben werden können. Ich stehe dazu. Wieso soll man diese Menschen abschieben, wenn sie kriminell geworden sind, da sie danach doch völlig entwurzelt sind? – Sie würden ohnehin wieder versuchen, hierher zu kommen. Das war der Entwurf von meinem Haus, und zu dem stehe ich. Daher brauchen wir darüber nicht weiter zu sprechen.

Das Beispiel Chile hinkt, und zwar deswegen, weil es nicht so ist, daß die Verordnung des Innenministers zur Drittstaatsicherheit eine Verordnung ist, die auf ewige Zeit gilt. Sie gilt, solange sich die Situation im entsprechenden Nachbarstaat nicht verändert hat. Die Ereignisse in Chile zwischen 1964 und 1973 waren Ereignisse ... (Zwischenruf.) – Sie haben 1964 genannt, oder? (Abg. Öllinger: 1984!) 1984 – o.k. Die Ereignisse von 1973 kann kein demokratischer Innenminister in einem demokratischen Staat akzeptieren, und sie hätten selbstverständlich dazu geführt, daß Chile nicht als sicherer Drittstaat angesehen worden wäre.

Darüber hinaus geht es ja nur um die sicheren Drittstaaten in bezug auf die Nachbarstaaten. Es geht nicht um weit entfernte Staaten, sondern in der Novelle geht es ausschließlich um die Nachbarstaaten.

Weiters: Im Zusammenhang mit Herrn Ipek möchte ich zwei Dinge klarlegen: Erstens: Ich habe mich genauso wie Frau Abgeordnete Petrovic unkundig gezeigt und gesagt, ich könne diesen Fall, nämlich das, was damals im Jahre 1989 wirklich passiert ist, nicht beurteilen. Ich stelle nur fest: Es gibt ein rechtskräftiges Urteil von einem türkischen Gericht. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Außerdem stelle ich fest, daß dieser Mann in Justizhaft ist. Gerade Sie, die Sie mir gestern indirekt oder direkt vorgeworfen haben, den Weg Richtung Polizeistaat zu gehen, können jetzt nicht von mir fordern, daß ich einen Gesetzesbruch begehe und der Justiz die Anordnung gebe – dies wäre ja gar nicht möglich –, daß sie diesen Herrn freiläßt. (Abg. Öllinger: Das habe ich nicht gefordert!) Das ist eine Entscheidung des Justizministeriums und nicht von mir. Wir haben alles getan, um dem Justizministerium klare Informationen zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

12.38

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Debatte über das Asylgesetz nimmt jenen Verlauf, den sie immer nimmt, nämlich: Jeder stellt sein Szenario dar. Von der Freiheitlichen Partei kommt das Horrorszenario. Herr Haider nimmt seine blauen Beispiele heraus, die er uns hier in Bierzeltmanier vorträgt. (Abg. Böhacker: Was hast du gegen Bierzelte?) Das erinnert mich daran, daß der freiheitliche Landesrat Achatz aus Oberösterreich noch immer auf die 300 000 Albaner wartet, die angeblich an der tschechisch-oberösterreichischen Grenze seit zwei Jahren einmarschieren. Noch sind sie nicht hier! Auf der anderen Seite erleben wir von Abgeordneten der linken Reichshälfte – Liberale, Grüne und "ermeßliche" Teile der Sozialdemokraten (Abg. Fischl: Das hast du gut gesagt!) –, daß auch sie ihre Einzelbeispiele hier vorführen und damit dafür den Beweis zu liefern versuchen, wie schrecklich das österreichische Asylrecht sowie die Haltung der Österreicher gegenüber Ausländern und Fremden seien, sie haben aber irgendwo doch im Hinterkopf: Eigentlich sollten wir ein Einwanderungsland sein!

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns mit Einwanderungsländern vergleichen, so möchte ich darauf hinweisen, daß die klassischen Einwanderungsländer verlangen, daß der Fremde ein Vermögen nachweist oder, wenn er dieses nicht hat, seinen Lebensunterhalt mit Arbeit be


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