Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 62

Aber die Debatte war ja: Ist ein Land wie Chile – oder ein anderes Land – auch dann, wenn es menschen- und völkerrechtliche Verpflichtungen erfüllt, nach dem Asylgesetz trotzdem ein sicheres Drittland? Ich würde meinen, Chile beweist, daß trotz Einhaltung bestimmter Konventionen, trotz der Vorgabe, Konventionen einzuhalten, jederzeit das Gegenteil der Fall sein kann.

Herr Innenminister! Auch das Beispiel Türkei beweist das leider. Wenn Sie in Ihrer Antwort auf den von Frau Kollegin Petrovic angesprochenen Fall sagen: Tut mir leid, es handelt sich um eine rechtskräftige Verurteilung durch ein türkisches Gericht!, dann braucht man dieser Aussage nur die mehrere Wochen hindurch erfolgende Berichterstattung von Zeitungen wie der "Neuen Zürcher Zeitung" oder anderer internationaler Medien über die Gerichtsbarkeit in der Türkei entgegenzuhalten.

Kollegin Petrovic hat in ihrem Redebeitrag auch das Beispiel jener Abgeordneten des türkischen Parlaments angesprochen – das wiederholt sich in der laufenden Debatte immer wieder –, die nur deswegen, weil sie einer ethnischen Minorität angehören, aber eine demokratische Partei gebildet haben, seit Jahren in der Türkei inhaftiert sind. Seit Jahren ist es in der Türkei möglich, Abgeordnete des Parlaments sozusagen aus dem Saal herauszuzerren, zu strafen, in den Kerker – in diesem Fall handelt es sich wirklich um einen Kerker – zu stecken, zu verfolgen. Herr Innenminister! Ich denke, in diesem Zusammenhang müßte man mit der Aussage "es handelt sich um eine rechtskräftige Verurteilung durch ein türkisches Gericht" etwas vorsichtiger umgehen, als Sie es in Ihrem Redebeitrag getan haben.

Letzter Punkt: Ich habe natürlich den Appell des Herrn Innenministers, den Herr Kollege Dietachmayr auch mehrmals betont hat, aufmerksam vernommen, den rhetorischen Appell des Innenministers Schlögl, der mit Herrn Karl Schlögl ganz zufrieden ist. Im Zusammenhang mit diesem Appell des Innenministers ist folgender Satz gefallen: Die Funktion eines Innenministers ist es, eher zusammenzuführen als zu trennen. – Recht so, Herr Innenminister!

Deshalb – und ich bitte Sie, Herr Kollege Dietachmayr, nehmen Sie diesen Satz des Innenministers: zusammenführen, nicht trennen! ernst – bringen wir folgenden Antrag ein, meine Damen und Herren, denn wenn man diesen Satz des Herrn Innenministers ernst nimmt, dann sollte man ihn auch befolgen und nicht nur rhetorisch in den Raum stellen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic, Freunde und Freundinnen betreffend die humanitäre Aufnahme von Familienangehörigen von integrierten Kosovo-Albanern in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, daß Familienangehörigen von Kosovo-Albanern, die sich bereits legal in Österreich aufhalten, ein Aufenthaltsrecht in der Republik Österreich gewährt wird.

*****

Weil der Herr Innenminister selbst diesen Appell für sich in den Raum gestellt hat, brauche ich diesen Antrag nicht mehr näher zu begründen, sondern sage nur: Zusammenführen statt trennen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Öllinger soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich abermals Herr Bundesminister Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Minister.


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