Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 61

Es mußte ja so kommen – auch das noch –, daß Herr Haider wieder einmal über Einzelfälle spricht und Summen nennt, die den Ausländern in die Tasche geschoben werden, nämlich 30 000 bis 40 000 S. Diese Beispiele kommen immer wieder (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé), und es hat sich bis jetzt auch immer wieder herausgestellt, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, daß alles falsch war! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Denken Sie an Ihre gestrigen Beispiele!) – Das waren nicht unsere Beispiele. Ich kann Ihnen Einzelbeispiele des Herrn Dr. Haider bringen, die er über die Medien verkündet hat und bei denen er immer wieder versucht hat, Summen ins Spiel zu bringen, zum Beispiel 30 000 S, die straffälligen Ausländern pro Monat gegeben werden. Eine genaue und klare Nachrechnung, die es teilweise durch das Bundesministerium für Arbeit uns Soziales gegeben hat, hat gezeigt, daß all das nicht stimmt. Alles war Lüge! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir können, denke ich – und da nehme ich einen sehr aktuellen Fall –, froh sein darüber, daß Österreich nicht in Lateinamerika liegt. Herr Bundesminister! Auch Sie kennen wahrscheinlich das Buch von Erich Hackl, ich weiß jetzt nicht mehr den Titel, aber es geht um die Verfolgung in Latein- beziehungsweise Südamerika, um das Zusammenspiel zwischen den Geheimdiensten dieser Länder, das Entführen von politisch Verfolgten und um die unheimlich großen Komplikationen, die es in diesem Zusammenhang zwischen den beteiligten Staaten gegeben hat.

Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, ob darin auch Chile angesprochen war, aber ich habe heute in der "Neuen Zürcher Zeitung" eine relativ ausführliche, über mehrere Seiten gehende Auseinandersetzung zu dem "Folterknecht" Pinochet gelesen, und bei der Lektüre dieses Artikels ist mir aufgefallen – und da bin ich bei der Drittstaatenregelung –, daß Chile schon im Jahre 1984 die Anti-Folter-Konvention unterzeichnet hat, also zu einem Zeitpunkt unterzeichnet hat, zu dem Herr Pinochet im eigenen Land "fleißig" gefoltert hat, nach außen hin aber die Garantien aller menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat. Chile – alles in Ordnung, Anti-Folter-Konvention unterschrieben. Da würde man meinen, es habe nicht nur die Anti-Folter-Konvention unterschrieben, sondern hätte auch alle menschen- und völkerrechtlichen Anforderungen, die in bezug auf einen sicheren Drittstaat jetzt im österreichischen Asylrecht gefordert wären, erfüllt.

Man kann also nur hoffen, daß niemand aus Argentinien über Chile in den damaligen Zeiten geflüchtet ist, von Chile nach Österreich ausgereist ist (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Schlögl) – es gab ja damals diese Regelung noch nicht, das ist schon klar –, sonst hätte es passieren können, daß er aufgrund der Regelung über den sicheren Drittstaat nach Chile zurückgeschoben worden wäre, weil es ja ein sicherer Drittstaat ist nach den Verpflichtungen. (Bundesminister Mag. Schlögl: Das paßt jetzt nicht ganz ...!) – Er kommt aus Argentinien und flüchtet über Chile nach Österreich (Bundesminister Mag. Schlögl: Dann geht es!), und dann könnte man ihn zurückschieben. Das wäre doch ein Problem gewesen.

Ich weiß, daß jene Fälle, in denen Flüchtlinge mit dem Flugzeug nach Österreich kommen, nicht sehr häufig sind; es gibt sie aber, und es gibt auch immer wieder Rückschiebungen. Ich weiß auch, daß es schwierig ist, vermutlich auch für einen Innenminister, dann, wenn die völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Verpflichtungen durch den Staat eingehalten, garantiert werden, zu prüfen und festzustellen, welche Gründe es sonst sein könnten, die einen berechtigen oder ermutigen sollten, nicht in dieses Land abzuschieben.

Das Beispiel Chile ist, denke ich, ein gutes Beispiel. Es war damals so, daß Chile alle menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat und sich gebrüstet hat, daß es die Menschenrechte einhält. Gott sei Dank, kann man sagen, hat Chile damals die Anti-Folter-Konvention unterschrieben – nachträglich gesehen. In bezug auf das Schicksal des Herrn Pinochet nämlich. Hätte Chile diese Anti-Folter-Konvention nicht unterschrieben, wäre es jetzt nicht so leicht möglich, wie die Auseinandersetzung um das Urteil des britischen Oberhauses zeigt, genau mit den Grundlagen dieser Anti-Folter-Konvention Herrn Pinochet für die Untaten, die Straftaten, die grausamen Straftaten haftbar und strafbar zu machen.


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