Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 140

Mit diesem Kärntner Landesarchiv haben Forscher keine besonders gute Erfahrung gemacht. Der Zugang ist erschwert, auch für Faszikel, die Bundesmaterialien betreffen, und zwar dadurch, daß man begonnen hat, Landes- und sonstige Materialien mit Bundesmaterialien zu vereinigen, zu inkorporieren, weil man meint, man könne nicht mehr alles physisch trennen. Außerdem ist, wie Sie wissen, für die Einsichtnahme in Materialien des Kärntner Landesarchivs eine Zustimmung der Kärntner Landeregierung immer dann erforderlich, wenn es sich sozusagen um etwas unangenehme Papiere handelt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Smolle, Dr. Gredler, MMag. Dr. Petrovic und Dr. Van der Bellen und PartnerInnen betreffend Arbeit der Historikerkommission

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in allen Archiven der Ministerien und nachgeordneten Dienststellen für die Zeit der Tätigkeit der Historikerkommission die Skartierung von Akten aus der zu untersuchenden Zeit einzustellen."

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Ich habe mich in dem Antrag bewußt auf nur einen Teilaspekt dieser Problematik beschränkt.

Meine Damen und Herren! Ich habe bereits gestern in meiner Rede diese Vorgangsweise angekündigt. Das heißt, die Klubs sowohl der Freiheitlichen, der ÖVP, als auch der SPÖ und natürlich auch die einbringenden Klubs haben sehr wohl gewußt, daß ich heute vorhabe, diese Materie hier vorzulegen.

Ich habe mich den ganzen gestrigen Tag und auch heute noch bis vor einer halben Stunde bemüht, einen gemeinsamen Antrag zu erreichen, einen gemeinsamen Antrag für ein Anliegen, bei dem ich davon ausgehe, daß es grundsätzlich ein gemeinsames Anliegen aller Abgeordneten in diesem Hause sein müßte. (Abg. Dr. Graf: Zu welchem Budgetkapitel sprechen Sie?!)

Meine Damen und Herren! Ich muß feststellen, daß ich natürlich etwas verwundert darüber bin – da spreche ich vor allem die Regierungsparteien und auch die beiden Klubobleute der Regierungsparteien an –, daß sie nicht in der Lage waren, bis zu dieser Stunde Vorsorge dafür zu treffen, daß wir hier einvernehmlich vernünftig vorgehen können.

Es gab auch Vorschläge von seiten der Regierungspartei, wir sollten diesen Antrag vielleicht noch ein bißchen zurückstellen, man werde eine sogenannte Großlösung finden. – Meine Damen und Herren! Da bin ich eben skeptisch gewesen, zu Recht skeptisch gewesen, daher habe ich mir auch erlaubt, diesen Antrag einzubringen.

Wenn wir es der Historikerkommission nicht ermöglichen, Zugang zu Materialien zu erhalten, dann wird diese Historikerkommission nicht arbeiten können oder sehr unvollständig arbeiten. Gleichzeitig geht es aber auch um einen ganz anderen Aspekt, meine Damen und Herren, nämlich um den Aspekt der Geschädigten.

Wie Sie wissen, wurden die Archivunterlagen der meisten geschädigten Privatpersonen, Organisationen und Firmen konfisziert, vernichtet, irgendwo inkorporiert, das meiste aber, wie wir wissen, eben einer Vernichtung zugeführt.

Jetzt gibt es Archivalien ja nicht nur in den sogenannten offiziellen Archiven, in den Landesarchiven oder Archiven der Kirchen oder eben in den Sammlungen im Bundesarchiv, sondern es gibt natürlich Archivalien auch bei privaten Personen. Wir wissen, daß nicht alles, was sich aus dieser Zeit bei privaten Personen befindet, diesen Privatpersonen auch gehört. Vieles ist nur im Besitz dieser Personen. Es ist oft noch nicht geklärt, wer heute eigentlich der Eigentümer dieser Unterlagen ist.


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