Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Computer sind auch nur Lebewesen, sie funktionieren nicht immer.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

9.18

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, wir bewegen uns gar nicht so weit auseinander. Aber ich frage Sie wirklich ernsthaft: Warum tun Sie nicht mehr dafür, daß wir die Geschäfte offenhalten können?

Ich möchte ganz bewußt noch einmal auf den Präzedenzfall in Vorarlberg eingehen, weil es mir ein Anliegen ist und weil sich die Bevölkerung dort vehement hinter zwei Kaufleute stellt, die sich erlaubt haben, auch aus Gründen der Selbsterhaltung, andere Geschäftszeiten für sich einzuführen.

Meine Damen und Herren! Es dürfte Ihnen allen bekannt sein, daß in Vorarlberg, auch bedingt durch das Drei-Länder-Eck, die Uhren wieder einmal anders gehen. So haben sich bereits im Oktober zwei kleinere Lebensmittelkaufleute für flexiblere Ladenschlußzeiten entschieden. Ein Kaufmann hielt sein Lebensmittelgeschäft von Montag bis Freitag bis 21 Uhr geöffnet, ein anderer entschloß sich zu einem Sonntagvormittagsverkauf von 8 bis 12 Uhr. Wohlgemerkt: Die Sonntagsöffnung war ohne fremdes Personal, nur mit Familienangehörigen, die nicht im Angestelltenverhältnis standen, bewerkstelligt worden. Beide Kaufleute glaubten sich im Recht, da ihre Geschäfte in einer ausgewiesenen Tourismusgemeinde liegen.

Sie sahen ihre Geschäfte durch die zunehmende Konkurrenz der Großmärkte und die immer größer werdende Anzahl an Tankstellen, die rund um die Uhr alles verkaufen, was sie wollen, gefährdet – sie kämpften bereits um ihr Überleben.

Der Erfolg war ein wahrer Ansturm von über 500 begeisterten Kunden am ersten Sonntagvormittag. Auch beim verlängerten Abendverkauf gab es gute Einnahmen und begeisterte Kunden. – Ein wahrer Erfolg für alle Beteiligten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Aber was geschah in weiterer Folge? – Klagen der Bundesarbeitskammer: 360 000 S wegen Verkauf am Sonntag und 350 000 S wegen unlauterem Wettbewerb beim Abendverkauf.

Selbst in der Handelskammer – in diesem Falle spreche ich bewußt Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, an – konnte man zu keiner einheitlichen Meinung kommen. In der Handelskammer Vorarlberg gab es divergierende Meinungen. Wenn sich schon Funktionäre der Handelskammer nicht einigen können, wie sollen sich dann erst Funktionäre der Bundesarbeitskammer jeweils einigen können? Fazit der Kaufleute: Sie haben resigniert und mußten einsehen, daß Menschen, die arbeiten wollten und sich an den Bedürfnissen der Konsumenten orientieren wollten, an den Interessen von machthungrigen Kammerfunktionären gescheitert sind.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie heute bewußt: Wo leben wir eigentlich? (Beifall beim Liberalen Forum.) Wir leben in einem Land, in dem nach wie vor keine Einsicht besteht, daß eine gesunde Wirtschaft nicht von bürokratischen Hemmschwellen leben kann, und in dem die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen verhindert wird, indem Wirtschaftsformen, die zum Sterben verurteilt sind, künstlich am Leben erhalten werden.

Meine Damen und Herren! Eine gesunde Wirtschaft, auch mit neuen Arbeitsplätzen, lebt von neuen Ideen und von Arbeitsbedingungen, die der Wirtschaft eine möglichst ungehinderte Entfaltung ermöglichen, die es ermöglichen, auch auf die Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen. Anscheinend hat das die Vorarlberger Landesregierung eingesehen. Mein Kollege Hel-mut Peter hat bereits auf die entsprechende Petition hingewiesen. Das ist ein beachtlicher Schritt, und wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bundesregierung beziehungsweise im besonderen der Herr Bundeskanzler dazu äußern wird.


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