Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 22

Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß wir Liberale seit langem eine Wirtschaftsoffensive eingeleitet haben. Wir haben des öfteren auf das Koalitionsübereinkommen 1996 und die darin enthaltenen Passagen betreffend den Wirtschaftsbereich Bezug genommen. Wir haben diverse Anträge zum Thema Ladenöffnungszeiten, aber auch Neugründungen von Unternehmen eingebracht.

Ich bin mir dessen bewußt, daß wir alle zusammenhelfen müssen. Herr Minister! Ich fordere Sie noch einmal auf, wirklich etwas zu tun. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß über 30 von uns gestellte Anträge im Wirtschaftsausschuß liegen, die alle das Ziel haben, effizienter für unsere Nahversorgung zu sorgen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

9.23

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Motter! Herr Kollege Peter! Das sind wirklich schöne Ziele, die Sie vorgeben, und ich verhehle nicht, daß ich für manche Sympathie habe, die Realität sieht allerdings etwas anders aus.

Frau Kollegin Motter! Sie haben gesagt, daß wir im Wirtschaftsausschuß dieses Thema nicht diskutieren. In der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses war es so, daß die einzelnen Fraktionen, auch die oppositionellen, unterschiedliche Meinungen vertreten haben.

Wenn wir dieses Thema heute schon diskutieren, bringe ich Ihnen ein Beispiel. Kollegin Petrovic war es, die gemeint hat, die hohen Mieten seien zum Beispiel in Wien daran schuld, daß die Nahversorgung zum Erliegen kommt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Hören Sie bitte zu, dann werden Sie erfahren, wie an Beispielen belegbar ist, wie es leider – ich sage "leider" – nicht funktioniert.

In Stammersdorf, in einem neuen Wohngebiet mit Tausenden neuen Mietern, hat man, damit sich dort ein Nahversorgungsbetrieb ansiedelt, eine freie Miete vereinbart. Man hat bei allen, die dort wohnen, Werbung gemacht. Dieser Betrieb konnte offenhalten, solange er wollte, aber nach einigen Monaten war es damit vorbei. Warum, Herr Kollege Peter? – Weil Sie dem Konsumenten nicht vorschreiben können, wo und was er einzukaufen hat. Das können Sie nicht.

Ich kann Ihre Meinung nicht teilen, wenn Sie meinen, es werde schon funktionieren, wenn wir alles freigeben, auch ohne Reglementierungen, nach dem Prinzip "catch what one can", also wer will und wie er will. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Es stellt sich vor allem die Frage: Wer steht dann in dem Geschäft?

Kollegin Motter kritisiert, daß sich ein Funktionär der Bundesarbeitskammer aufgeregt hat. Ich habe vor zwei Jahren ähnliche Ideen vertreten, weil ich mir auch immer wieder die Frage gestellt habe, was man tun könnte, damit es funktioniert. Nach zwei entscheidenden Ereignissen habe ich eingesehen, daß das der falsche Weg ist.

Zu mir ist eine Frau gekommen, die keine 25 war und zwei kleine Kinder am Arm hatte. Ich sage jetzt gar nicht, bei welcher Kette sie gearbeitet hat. Sie wurde genötigt, zu den verschiedensten Zeiten zu arbeiten. Ich habe mich erkundigt, und es hat gestimmt. Sie hat zu mir gesagt: Herr Doktor, können Sie mir sagen, wie ich mit diesem Problem fertigwerden soll? Ich kann es mir nicht leisten, meinen Posten zu verlieren.

Ich sage Ihnen eines: Es sollte wenigstens am Samstag und Sonntag eine Mutter die Chance haben, bei ihren Kindern zu bleiben. Sie, meine Damen und Herren, klagen Männer und Frauen an, die sich für solche Menschen einsetzen!? Nein, wir Sozialdemokraten werden diesen Weg sicher nicht mitgehen! Das ist falsche Liberalität! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie predigen völlige Liberalisierung. Heute früh lese ich: Einkaufszentren-Verordnung, Factory-outlet-Center, die Pensionisten fahren mit Autobussen hin. Wollen Sie denn wirklich den Men


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