Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 94

Kollege Farnleitner weiß genauso wie ich, welcher der Wert ist, den die Kommission als mit der Wegekostenrichtlinie in Übereinstimmung befindlich einschätzt, wenn es um eine Bemautung des Unteren Inntales geht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie wissen, daß wir vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt sind. Für den Wirtschaftsminister gibt es jetzt drei Varianten, und zwar nach diesem Abschluß:

Erstens: Wir machen gar nichts. Damit tragen wir den Wünschen des Tiroler Landtages Rechnung, der einstimmig beschlossen hat, daß die Struktur der Maut so bleiben muß, wie sie derzeit ist. Die Tag-Nacht-Differenzierung muß bleiben, eine hohe Nachtmaut und die Differenzierung nach Verschmutzungsklassen müssen bleiben – dafür sind wir auch. Wir können also einfach gar nichts machen, dann bleibt das zunächst, und für den Fall, daß wir das Gerichtsverfahren gewinnen, bleibt es überhaupt. Wenn wir das Gerichtsverfahren jedoch nicht gewinnen, dann müssen wir es aufgeben und haben eine Rückfallsposition für die künftige Regelung auf 84 ECU – das ist ein "Riesenerfolg", den wir in dieser Form vorher nicht hatten. Weiters tragen wir dann das Risiko einer Schadenersatzzahlung an alle Frächter, die bis jetzt mehr gezahlt haben, als nach dem EU-Recht gerechtfertigt werden kann – wenn es diese Differenz gibt.

Wenn ich den Wert, den die Kommission als gerechtfertigt sieht, ansetze, dann sind das 1,5 Milliarden Schilling an Schadenersatzforderungen, und es stellt sich die Frage, ob das ein Risiko ist, für das Sie oder Ihr Kollege Farnleitner geradestehen wollen. Ich denke, wir sollten uns zumindest überlegen, welchen Weg wir da gehen. (Abg. Dr. Lukesch: Herr Bundesminister! Es muß der österreichischen Bundesverfassung entsprechen!)

Es gibt aber noch eine zweite Variante, Herr Abgeordneter Lukesch: die Möglichkeit einer eindeutigen und von der Kommission anerkannten wegekostenrichtlinienkonformen Lösung, die darin besteht, daß man im Unteren Inntal überhaupt nichts bemautet, sondern die Maut auf der Brenner-Strecke so stark reduziert, daß sie nach Ansicht der Kommission wegekostenrichtlinienkonform ist. Das ist möglich, aber das wird niemand in Tirol wollen, und ich halte es auch für falsch.

Die dritte Variante ist ein Stretching. Und in diesem Zusammenhang haben Sie gesagt, das werde bis zu 7 S kosten. – Das ist Unsinn! Entschuldigen Sie, das ist Unsinn, und das könnten Sie auch wissen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich habe in der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses – und in dieser waren Sie, wenn ich mich recht erinnere, auch anwesend – sehr deutlich gesagt, daß ein Teil der Wegekostenrichtlinienfixierung, die jetzt gegeben ist, darin besteht, daß Österreich die Freiheit eingeräumt wird, die Wegekosten nach Straßenbenützungsabgabe auf dieser Strecke nicht einzuheben, wobei aber gleichzeitig die Tagesgebühr – und das ist das, was die meisten in Anspruch nehmen – von 6 auf 8 ECU erhöht wird. Das heißt, wir können von dem Betrag, den die Kommission für angemessen hält, jedenfalls 110 S abziehen. Und wenn Sie dann zu rechnen anfangen, kommen Sie nie auf 6 bis 7 S.

Ich denke, wir sollten hier durchaus ernsthaft über die Sorgen, die die Tirolerinnen und Tiroler haben und die auch meine Sorgen sind, reden, aber wir sollten dabei realistisch sein und auch einigermaßen redlich darüber reden. Das würde ich mir auch vom Koalitionspartner erwarten. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluß noch etwas zum Thema Sicherheitsklausel sagen, weil schon mehrere Redner behauptet haben, daß wir da auf alles verzichtet haben: Alle, die das behauptet haben, wissen es besser, denn sie haben es auch schon im Hauptausschuß gehört. Sie sagen das heute hier nur noch einmal, damit es so ausschaut, als wäre dies ein ungeheuerlicher Verrat, den ich an Österreich begangen hätte.

Die Wahrheit ist, daß die Kommission die eindeutige Erklärung abgegeben hat, daß zumindest 200 000 LKW – "zumindest", nicht "höchstens"! – auf Basis dieses Übereinkommens aus Österreich hinausverlagert werden. Und ich habe Ihnen bereits den Hinweis gegeben, daß jene Verordnung aus dem Jahr 1990, die sich mit Krisen im Bereich des Güterverkehrs auf der Straße


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite