Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 106

Ich möchte auch feststellen, daß Herr Habsburg die Möglichkeit hätte, politisches Rückgrat zu zeigen, indem er sagt: Ich verzichte freiwillig auf die Ausübung meines Mandates und schicke in dieser Zeit mein Gehalt zu jenen Organisationen, die für die Kinder in der Dritten Welt einstehen und arbeiten. – Das wäre politischer Anstand, wenn er schon sein Mandat nicht zurücklegen kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Warum hat er denn nicht diesen Weg gewählt? – Das wäre doch freiwillig gewesen.

Dann hatte er noch den "Mut" dazu, gleich in einem Atemzug zu sagen: Ich bin ein Opfer und werde selbstverständlich wieder für die ÖVP im Europäischen Parlament kandidieren. – Das ist wohl ein sehr "mutiger" Schritt. Zuerst sollte er einmal seine Weste reinwaschen, und dann werden wir weitersehen, ob er überhaupt jemand ist, der für Österreich im Europäischen Parlament tätig sein kann oder nicht.

Bezüglich des eigentlichen Gegenstandes der Debatte: Diese schriftliche Anfragebeantwortung gibt die Möglichkeit, Frau Staatssekretärin, auf folgendes einzugehen: Sie haben in der ersten Antwort das ECHO-Programm, ein wichtiges Programm, das Sie betreuen, genannt. Sie wissen genau, daß es deswegen einen großen Streit zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission gibt, weil 500 Millionen Schilling veruntreut worden sind, oder zumindest der Verdacht naheliegt, daß 500 Millionen Schilling aus diesem Programm veruntreut worden sind.

Das Problem dabei ist, daß es dazu keine Unterstützung durch die Regierungen gegeben hat, wie man die Situation, wie man diesen Mißstand aufklären und wie man die involvierten Kommissare loswerden kann. Dazu braucht das Europäische Parlament Verbündete. Herr Bösch allein, von der SP-Fraktion im Europäischen Parlament, ist zuwenig. Es hätte in dieser Sache eines Wortes des Herrn Außenministers bedurft, es hätte eines Wortes des Herrn Bundeskanzlers bedurft, damit dem Europäischen Parlament ein Backing gegeben wird. Es geht nicht, daß ein Betrag von 500 Millionen Schilling als Fragezeichen am Ende des Budgets übrigbleibt. Man muß wissen, welche Kommissare involviert sind und welche ihrer Familienmitglieder Gelder bezogen haben. Es geht nicht, das dann nichts geschieht. Aber die Angst, die besteht, daß man die ganze Kommission absetzen müßte, um eigentlich diejenigen zu treffen, die man treffen will, ist zu groß. Daher schweigt man und läßt es geschehen.

Das wäre ein Thema, das der österreichischen Präsidentschaft gut anstünde, es anzugehen, nämlich Political Correctness und die Absetzung von einzelnen Kommissaren, wenn sie ihre Funktion mißbrauchen. Ich würde mir wünschen, daß es diesbezüglich beim Wiener Gipfel in der nächsten Woche Fortschritte gibt und daß man dieses Problem nicht einfach ignoriert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Gleichfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Frau Staatssekretärin, müssen Sie den Klubobmann fragen, wenn Sie ...? Das ist ja unerhört! Das ist peinlich!)

15.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr interessant, Frau Staatssekretärin, daß Sie zum Thema "World Vision" nichts anderes zu sagen haben, als daß da eine bestimmte Projektteile betreffende ordnungsgemäße Abrechnung stattgefunden habe. Ich habe Ihnen zu diesem Thema noch etwas anderes zu sagen.

"World Vision" ist schon seit Jahren, nicht nur in Österreich, sondern international, als jene Spendenorganisation bekannt, die wegen eines zu hohen Verwaltungskostenanteils und wegen Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen immer wieder im Gerede war. (Abg. Mag. Stadler: Nobelsuiten!) Im Jahre 1993 hat es einen Rechnungshofbericht über die Osthilfe, über die Rußlandhilfe gegeben, und in diesem Rechnungshofbericht war anonymisiert, das heißt, nicht erkennbar, auch "World Vision" enthalten. Bei einem Programm, das für die Rußlandhilfe gedacht war, hat "World Vision" für das Bundeskanzleramt ein Projekt abgewickelt, bei dem der Rechnungshof kritisiert hat, daß da offensichtlich unter dem Titel "Lebensmittellieferungen" ganz an


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