Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 207

22.37

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Allein die Überschrift "Österreichischer Stabilitätspakt" entspricht, glaube ich, nicht dem, was hier wirklich vorliegt. Die klein darüber gedruckte Überschrift "Vereinbarung betreffend Koordination der Haushaltsführung" kommt dem wohl etwas näher, und wir müssen uns sehr wohl die Frage stellen: Wodurch wird Stabilität in einer Volkswirtschaft bewirkt? Wird Stabilität dadurch bewirkt, daß die einzelnen konsolidierten Haushalte aufeinander abgestimmt und Defizitquoten aufgeteilt werden, oder wird Stabilität dadurch bewirkt, daß man langfristige und mittelfristige Maßnahmen so wählt, daß ein möglichst hoher volkswirtschaftlicher Nutzen bei gleichzeitiger Minimierung der volkswirtschaftlichen Kosten erzielt wird?

Von letzterem ist da überhaupt keine Rede, und deswegen laufen alle sogenannten Stabilitätsmaßnahmen immer nur in die Richtung, daß man allenfalls bei Ausgaben im Sozialbereich, im Kulturbereich oder im Bildungsbereich irgend etwas wegstreicht. Insofern ist es gar nicht so schlecht, daß die Frau Sozialministerin auf der Regierungsbank sitzt, denn das läßt keine anderen "Stabilitätsmaßnahmen" – unter Anführungszeichen – zu.

Daß das nicht wirklich Stabilität gewährleistet, sollten vor allem die Abgeordneten der Sozialdemokratie wissen. Mit derartigen Stabilitätspakten können Sie Maßnahmen, die kurzfristig oder vielleicht auch mittelfristig Geld kosten, sich aber schon mittel- bis langfristig lohnen, wie etwa bessere medizinische Betreuung, Investitionen in die Prävention etwa in der Arbeitsmedizin, nicht erfassen. Solange wir nicht eine echte volkswirtschaftliche Kostenrechnung schaffen, die über den kurz- bis maximal mittelfristigen Aspekt hinausgeht, dienen derartige Pakte nicht der Stabilität, sondern eher einer sozialen Destabilisierung. Und deshalb sind sie schlecht!

Daß es andere Überlegungen im Zuge der Verhandlungen über diesen sogenannten Stabilitätspakt gab, beweist der Antrag der Vorarlberger Landesregierung. Die Vorarlberger Landesregierung hat beantragt, man möge neben finanzpolitischen Zielen und Maßnahmen auch beschäftigungs- und sozialpolitische Ziele und Maßnahmen in einem Stabilitätspakt verankern. – Ich glaube, wenn beschäftigungs- und sozialpolitische Ziele – und ich würde auch die gesundheitspolitischen noch hinzufügen – in einen solchen Pakt aufgenommen werden, dann könnten wir mit Fug und Recht sagen, daß wir zu einem Pakt, der echte Stabilität gewährleistet, unterwegs sind. Warum Sie aber vor allem solche Pakte wie den vorliegenden gutheißen und tolerieren, ist mir nicht verständlich, denn in diesem Land wissen wir, was geeignet ist, die Stabilität zu gefährden, und was nicht geeignet ist, sie sicherzustellen.

Ein Allerletztes: Dieser Pakt bringt natürlich auch eine gewisse Entmündigung der Parlamente, der Landtage und des Nationalrates, mit sich, denn dieser Pakt zieht eine rein exekutive Abstimmung vor, nicht jedoch die Beratung legislativer Maßnahmen, die in diese Richtung führen. Und auch vom Blickwinkel des Systems der Verfassung mit einer Priorität der Gesetzgebung sind derartige kurzsichtige und kurzfristige Maßnahmen aus grüner Sicht abzulehnen. (Abg. Smolle: Die Grünen sind nicht da!)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kröll. – Bitte.

22.41

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die zustimmenden und ablehnenden Argumente sind ausgetauscht. Es war zu erwarten, daß diejenigen, die den Konsultationsmechanismus politisch nicht vertreten, auch nicht für das Stabilitätsabkommen sein werden.

Eingangs meiner Ausführungen möchte ich daher noch einmal daran erinnern, daß gerade die Gemeinden und auch die Länder eine Konsultation verlangt haben und daß umgekehrt selbstverständlich auch der Bund als zweiter Teil des Ganzen Stabilität zwischen allen drei Ebenen der Gebietskörperschaften verlangt. Mit dieser Regierungsvorlage 1517 wird der Österreichische Stabilitätspakt zwischen dem Bund, den Ländern, dem Österreichischen Gemeindebund und dem Städtebund für die österreichischen Kommunen vereinbart. Damit wird die


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