Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 226

Privat ist jedenfalls schlechter. – Heute hat man sich darauf geeinigt, daß es meist weder eine echte Privatisierung noch eine staatliche Verwaltung sein soll, und man hat dieses merkwürdige Modell der Ausgliederung gewählt. Das heißt: In aller Regel bleiben die Haftungen der Gebietskörperschaften bestehen, der öffentliche Einfluß und die Möglichkeit, auch politische Zielsetzungen vorzugeben, schwinden jedoch gleichzeitig mit der Möglichkeit zur Schaffung von Transparenz und Kontrolle.

Der Bundesminister für Finanzen hat im Ausschuß wenigstens zugesagt, daß er bei der nächsten Budgetdebatte einen Anhang über einige dieser Ausgliederungen vorlegen wird. Das kann man glauben oder auch nicht. Man kann auch die Vollständigkeit derartiger Anhänge von vornherein in Zweifel ziehen. In aller Regel wird der Opposition jedenfalls nichts berichtet, was irgendwie unliebsam sein könnte, und deswegen denke ich mir, daß es wirklich einmal ein Fortschritt in diesem Hohen Haus wäre, wenn man jenseits aller ideologischen Relikte einmal daranginge, solche Dinge zu evaluieren. Denn da geht es um gewaltige Summen, es geht um Dotierungen dieser ausgegliederten Gesellschaften, die in Summe weit mehr als die Sparpakete ausmachen.

Ich kann nicht verstehen, warum man in diesem Bereich nicht dazu bereit ist, das einmal durchzurechnen. Das verstehe ich wirklich nicht! Es kann doch nichts mit Ideologie oder ähnlichem zu tun haben, daß man ein so simples und – wie ich meine – allgemeines parlamentarisches Anliegen, daß man sich einmal ansehen möge, was das Ganze gebracht hat, zu einem wirklich von allen Parteien getragenen Anliegen macht!

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich glaube nicht daran, aber wenn es wirklich so wäre, daß im Rahmen der staatlichen Verwaltung ein wirtschaftlich sinnvolles, in die Zukunft planendes Verhalten unmöglich ist, dann frage ich Sie: Warum reformieren Sie nicht generell das Haushaltsrecht und das Dienstrecht in die Richtung, daß eine effiziente Gebarung auch im Rahmen der staatlichen Verwaltung möglich ist? – Denn es bleiben immer noch genug Bereiche, die niemand für eine Ausgliederung vorgeschlagen hat. Ich habe noch keinen Vorschlag von den Regierungsparteien gehört, das Bundesheer oder die Polizei auszugliedern. (Abg. Dr. Mertel: Die Gerichte vielleicht? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Von den Regierungsparteien kenne ich derartige Vorschläge noch nicht! Wenn es wirklich so ist, daß das Besoldungsrecht, das Dienstrecht und das Haushaltsrecht in diesen Bereichen so bürokratisch und starr sind, wieso reformieren Sie sie dann nicht? (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Frau Abgeordnete! Das hier ist immer noch ein Parlament, und wenn es Sie stört, daß Oppositionsabgeordnete hier überhaupt noch das Wort ergreifen, dann machen Sie doch alles hinter verschlossenen Türen! Sie haben Zweidrittelmehrheiten! Sie können auch die Redezeiten noch einmal beschränken! Wenn es Ihnen so unangenehm ist, im Zusammenhang mit einem Antrag eines Oppositionsabgeordneten vielleicht einmal auch ein bißchen etwas Grundsätzliches anzuhören, dann reizen Sie mich förmlich dazu, meine Redezeit wirklich zur Gänze auszuschöpfen, was ich nicht vorhatte! (Abg. Dr. Mertel: Jetzt steigern Sie sich wieder hinein! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Abgeordnete Mertel! Wenn dieser Einwand noch dazu von einer Frau kommt, dann stört mich das ganz besonders! Dann meine ich nämlich in aller Form, daß das auch ein schlechtes Zeichen für weibliche Solidarität in diesem Haus ist! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Abgeordnete Mertel! Aber ich weiß nicht, ob Sie damit konform gehen! Früher hat die Sozialdemokratie andere Standpunkte vertreten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Jetzt sind offenbar Ausgliederungen in diesem Haus sehr "in", und Sie tragen das mit!

Ich denke mir, mit dem Antrag des Kollegen Van der Bellen, das einmal zu überprüfen, würden wir wenigstens irgendwie einen demokratiepolitischen Mindeststandard erreichen! Ich gebe einmal mehr zu bedenken: Ich bin für ein moderneres Dienst- und Besoldungsrecht im öffentlichen Dienst, und zwar viel kategorischer, als wir es heute getan haben. (Abg. Koppler: Wir wollen Van der Bellen hören!) Ich bin für ein Haushaltsrecht, das es auch erlaubt, mittel- und langfristige Planungen vorzunehmen, und ich bedauere es sehr, daß sogar so ein kleiner und in


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