Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 30

gar nicht eingehen, weil die Zeit einfach zu knapp ist. Ich möchte bewußt ÖVP und SPÖ ansprechen: Es zeigt sich uns heute deutlich, wie gravierend die ideologischen Unterschiede in der Familienpolitik sind und wie sich dieser Streit weiterentwickelt und zu einem Auseinanderdividieren der Koalition führt. Die heutige Aktuelle Stunde, meine Damen und Herren, ist reines Wahlkampfgeplänkel und sonst gar nichts! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen von der ÖVP, das möchte ich Ihnen schon sagen: Wenn in Kärnten ein Plakat affichiert ist, auf dem "Frohe Weihnachten und ein gutes 1999 mit 3 000 S mehr pro Kind" zu lesen ist, so ist das reine Augenauswischerei und schlichtweg billiges Hinters-Licht-Führen des Bürgers und der Bürgerin. Ich glaube nicht, daß wir dem Bürger damit etwas Gutes tun, wenn wir nicht aufzeigen, woher in Zukunft die Mittel für die Erfüllung solcher Versprechen kommen sollen. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ohne aufzuzeigen, aus welchen Quellen in Zukunft die Mittel für die Erhöhung des Karenzgeldes für alle Mütter zu schöpfen wären, Herr Minister, halte ich auch alle diesbezüglichen Vorschläge schlichtweg für unverantwortlich. Sie sind nicht Alleinregierung! Sie können nicht über den FLAF verfügen. Es sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Den FLAF bezahlen immer noch die Arbeitgeber! Das sei ganz klar gesagt. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Tichy-Schreder.)

Ebenso, meine Damen und Herren, sind die weiteren Forderungen im Familienpaket 2000 ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, das stimmt nicht mehr! Das war im Ansatz dieses FLAF, aber es stimmt nicht mehr. Der FLAF ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, wir reden nachher darüber. Ebenso sind die weiteren Forderungen im Familienpaket 2000 der ÖVP keineswegs finanziell und für die Zukunft sichergestellt.

Wir Liberalen, meine Damen und Herren, bekennen uns zur Familienförderung, ebenso zum Karenzgeld. Wir wollen allerdings eine tragfähige Lösung. Für uns hat die sozial unverträgliche Gießkanne schon lange keine Zukunft mehr. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir halten daher das liberale Modell der Grundsicherung, das des öfteren auch hier im Haus diskutiert wurde, für den richtigen Ansatz zur Herstellung von mehr Gerechtigkeit auch für Eltern und Familien.

Ein weiterer Kritikpunkt für uns Liberale ist, daß ersichtlich ist, daß auch weiterhin die Frauen alle Lasten zu tragen haben. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dies ja bereits deutlich bekundet: Die Frau gehört zur Familie. Ich frage mich nur: Was ist mit den Kindern, deren Mütter arbeiten gehen mußten? Brauchen diese jetzt psychologische Betreuung? Sind sie keine wertvollen Menschen geworden?

Wir halten es daher für sinnvoll, daß eine weitgehende Aufhebung all jener Regelungen, die es Männern erschweren, in Karenz zu gehen, mit in die Verhandlungen aufgenommen wird. Aus diesem Grund möchte ich auf unseren Antrag, den wir bereits im November eingebracht haben, hinweisen.

Meine Damen und Herren! 1997 waren in Österreich 115 720 Mütter, aber nur 1 068 Väter, also nicht einmal 1 Prozent, in Karenz. Ausschlaggebend für dieses eklatante Mißverhältnis ist sicherlich die nach wie vor existierende Einkommensschere zwischen männlichen und weiblichen Berufstätigen. Wenn finanzielle Aspekte entscheiden, wer in Karenz geht, und der Verzicht auf Einkommen bei den Vätern so viel mehr ausmacht als bei den Müttern, wird sich – logische Folge – an der gegenwärtigen Situation nichts ändern. Auch das traditionelle Rollenverständnis – wir haben das heute auch gehört –, die Frau habe primär die Betreuungspflicht zu übernehmen, trägt hier ein übriges dazu bei.

Meine Damen und Herren! Um zumindest dem finanziellen Moment etwas entgegenzusetzen, wollen wir die Karenzzeit analog der Erwerbsarbeitslosigkeit behandelt wissen, das heißt 80 Prozent des Letztgehaltes gesockelt nach unten und gedeckelt nach oben. Wenn wir wirklich die Gleichstellung in Österreich ernst nehmen, so müssen wir auch in der Karenzfrage zweigleisig vorgehen. Das heißt erstens, Erleichterungen für Frauen, gleichberechtigt am Erwerbs


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