Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 38

Frau Kollegin! Rechtfertigen Sie sich für diese Taten vor den Familien! Hier herunten brauchen Sie sich nicht zu rechtfertigen – wir kennen Sie ja! (Abg. Rosemarie Bauer: Von Familienpolitik verstehen Sie nichts, Frau Madl!)

Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin, da Sie diese Situation jetzt hier so bejammern (Abg. Rosemarie Bauer: Bejammert wird gar nichts! Sie verstehen das Thema der Aktuellen Stunde nicht!) – "Kinderbetreuungsscheck" oder "Karenzgeld für alle" ist ja, Herr Minister, ein Ausdruck für ein und dieselbe Sache –: Sie hätten in uns den Partner schon lange finden können! Ein Karenzgeld für alle – wenn Sie es so nennen wollen – oder einen Kinderbetreuungsscheck für alle einzuführen, ist ein und dasselbe. Sie hätten das schon lange mit uns beschließen können (Abg. Rosemarie Bauer: Ihr Landeshauptmann Haider hätte das in Kärnten auch schon lange beschließen können!), aber die Koalitionstreue hat Sie hier in diesem Haus zurückgehalten! Mit uns Freiheitlichen hätten Sie dieses Modell schon längst beschließen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.15

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Haider: Sie sind hin- und hergerissen zwischen dem scharfen Argument und dem Charme des Ministers! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Debatte über das Karenzgeld für alle hat zumindest insofern etwas Gutes an sich, als sich die Einsicht, daß die jetzige Situation unbefriedigend ist, als gemeinsamer Nenner durch die Diskussion zieht. Nur, Herr Bundesminister Bartenstein, die Schlußfolgerungen, die Sie und Ihre Fraktion daraus ziehen, sind tollkühn! Denn, wenn etwas sozial unbefriedigend ist, dann kann die Lösung nicht darin bestehen, daß wir die Gießkanne in die Hand nehmen und das Geld in diesem Bereich noch mehr als bisher von unten nach oben verteilen.

Denn das eigentliche Problem sind unbetreute Kinder und Kinderarmut. Unbetreute Kinder, das bedeutet, daß zu wenig Kinderbetreuungsmöglichkeiten existieren, um Beruf und Betreuung kombinieren zu können – Punkt eins –, und Kinderarmut heißt, daß die Familientransfers so gestaltet sind, daß sie dort, wo wir sie brauchen würden, nichts nützen, dafür zahlen wir sie auch dort, wo sie nicht notwendig sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Genau das ist der Angelpunkt für eine solche Debatte. Denn wenn Sie sowohl Familienpolitik als auch Frauenpolitik als auch Sozialpolitik kombinieren wollen, dann ist es das untauglichste Mittel, einfach einen linearen Transfer einzuführen und dann so zu tun, als ob das die Lösung wäre. Kollegin Gatterer hat Beispiele gebracht, die sozial ans Herz greifend waren, und ich bin auch der Meinung, daß man dort wesentlich mehr tun sollte. Warum man aber deswegen, weil eine 19jährige sozial nicht abgesicherte Mutter mittellos dasteht und ratlos ist, auch in die höchsten Einkommenskategorien 5 700 S transferieren muß, das sehe ich nicht ein! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sei denn, man meint hier das, was verräterischerweise in der Diskussion immer wieder dann, wenn die Konzentration nachläßt, sichtbar wird: daß nämlich unter "alle" nicht Männer und Frauen, sondern nur Frauen zu verstehen sind, es sei denn, man meint, daß das ein interessanter Anreiz – zumindest ein Anreiz – ist, aus der Berufstätigkeit auszusteigen. (Abg. Rosemarie Bauer: ... Schwachsinn, aber man kann nicht jedesmal Männer und Frauen ...!)

Ich sage das deswegen mit einer gewissen Betroffenheit, weil ich im Sinne der Wortmeldungen aus der rechten Hälfte dieses Hauses nämlich offenbar ein sozial geschädigter Mensch bin, denn meine Mutter war zeit ihres Lebens berufstätig. Ich bin neben einer berufstätigen Mutter groß geworden, ohne daß ich das subjektive Gefühl habe, daß ich daraus einen Nachteil erlitten habe! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ.) Ganz im Gegenteil: Ich habe frühzeitig erlebt, daß eine berufstätige Mutter ganz andere Qualitäten in die Erziehung einbringen kann als eine, die ausschließlich am heimischen Herd lebt (Beifall beim Liberalen Forum), die die Ar


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