Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 61

Gebärdensprache ausarbeiten soll. Diese Arbeitsgruppe soll bis Mitte 1999 der Regierung einen Bericht vorlegen.

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Die juristische Anerkennung der Gebärdensprache – das ist die Schlüsselstelle!

Ich bin relativ kundig, was das Recht auf die eigene Muttersprache für ethnische Minderheiten angeht, und mir ist deshalb auch bewußt, daß das wirklich zwei paar Schuhe sind auf der juristischen Ebene. Aber das soll doch nicht noch einmal sechs Jahre oder noch einmal zehn Jahre lang als Ausrede dafür verwendet werden, daß Ihr Anliegen nicht – im wahrsten Sinne des Wortes – Gehör findet. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Stoisits soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile jetzt als nächster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Povysil das Wort. 4 Minuten beträgt die gewünschte Redezeit. – Bitte.

12.45

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen! Ich begrüße heute auch ganz besonders herzlich die beiden Gebärdendolmetscher (Beifall bei den Freiheitlichen), und ich freue mich wirklich, daß sie heute bei parlamentarischen Themen erstmalig auch Gehörlosen die Möglichkeit bieten, an diesem Geschehen teilzunehmen. (Abg. Schieder: Das ist nicht erstmalig! – Abg. Dr. Haider: O ja, im Hohen Haus schon! – Widerspruch des Abg. Schieder. – Abg. Dr. Haider: Das ist mir entgangen!)

Sie wissen es alle, aber ich möchte den Abgeordneten noch einmal mitteilen, wie viele Gehörlose es in den EU-Staaten gibt. Es gibt nämlich so viele, wie die Bevölkerungszahl ganz Irlands ausmacht.

In Österreich gibt es 1 Promille Gehörlose, das sind zirka 8 000 Menschen. Nur vergißt man immer, daß das Umfeld der Gehörlosen ja ein viel größeres ist, daß Verwandte, Arbeitskollegen, Eltern, Kinder in die Problematik Gehörloser miteinbezogen sind – ein Umstand, der meistens gar nicht beachtet wird.

Ich bin Ärztin und bin sehr oft mit Dr. Fellinger, der das Gehörlosenzentrum in Linz leitet, in Kontakt. Deshalb weiß ich: Gehörlose sind eine Gruppe, die medizinisch sehr schwer zu versorgen ist, und zwar ganz einfach aus dem Grund, weil es sehr wenig Ärzte gibt, die mit ihnen auch tatsächlich kommunizieren können. Und sie neigen ganz besonders dazu, sich in ihre eigene Welt und innerhalb ihrer eigenen Gruppierung zurückzuziehen. Die Selbstmordrate unter Gehörlosen ist ganz besonders hoch. Ihnen Kommunikation und wirkliche gesellschaftliche Integration zu bieten, ist ein sehr wichtiges gesundheits- und gesellschaftspolitisches Anliegen.

Und ich muß dasselbe sagen wie viele meiner Vorredner, vor allem jene der Oppositionsparteien: Daß die Gebärdensprache noch immer nicht gesetzlich verankert ist, ist ein Umstand, der einfach nicht akzeptiert werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gerade Gehörlose haben ein Recht, in ihrer eigenen Sprache zu kommunizieren – wie alle anderen Menschen und wie alle anderen Bevölkerungsgruppen und alle anderen Minderheiten auch. Und hier ist die ÖVP wirklich einmal sachlich zuständig. Aber es werden nur Sonntagsreden gehalten, und es ändert sich in Wirklichkeit am gegebenen Zustand seit Jahren nichts! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit diese Bevölkerungsgruppe wirklich zu ihrem Recht kommt, damit die Menschen wissen, welche gesetzlichen Möglichkeiten sie haben, habe ich auch eine diesbezügliche Anfrage an


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