Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 62

Herrn Nationalratspräsidenten Fischer gerichtet. In den USA ist es zum Beispiel bei den meisten Nachrichtensendungen möglich, durch Einblendung eines Gebärdendolmetschers oder durch Untertitelung aktuelle Meldungen zu verfolgen. Bei uns im ORF gibt es diesbezüglich nur die Sendung "Wochenschau". Das ist die einzige Sendung mit Gebärdendolmetsch. Und außerdem gibt es Sendungen, wie etwa "Universum", "Österreich-Bild", "Report", "Am Schauplatz" und einige wenige mehr, die mit abrufbaren Untertiteln ausgestattet sind. Weitere Nachrichtensendungen, wie zum Beispiel "Hohes Haus", eine Sendung über das parlamentarische Geschehen, oder Live-Berichterstattungen aus dem Hohen Haus sind Gehörlosen einfach nicht zugänglich.

Es ist zwar möglich – das wurde mir von Herrn Präsidenten Fischer mitgeteilt –, über Internet die Stenographischen Protokolle abzurufen, aber, meine Damen und Herren, nicht jeder Gehörlose hat Internet! Und man weiß außerdem auch ganz genau, daß es zu großen Zeitverzögerungen beim Abrufen des Internets kommt.

Gerade Gehörlose brauchen unser gemeinsames besonderes politisches Engagement, um sich in unsere Welt integrieren zu können. Gerade Gehörlose brauchen eine eigene Sprache, und sie brauchen, meine Damen und Herren, eigens ausgebildete Lehrer, die ihnen diese Sprache beibringen. Es gibt aber nur einen einzigen Universitätslehrgang in Graz, der solche Lehrer ausbildet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade Gehörlose brauchen eigene Förderungen und eigene, ganz besondere Unterstützungen an Universitäten. Gerade gehörlose Kinder brauchen in Schulen, in der Erziehung unsere Hilfe, um sich wirklich in unsere Welt integrieren zu können.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an Sie, hier nicht nur Sonntagsreden zu schwingen. Ich bitte Sie: Helfen Sie alle gemeinsam mit, damit die Gehörlosen nicht immer wieder, wie sie es selber wissen, in ihre eigene Welt abdriften, sondern ermöglichen Sie ihnen – wie auch anderen Minderheiten – wirklich gesellschaftliche Kommunikation und gesellschaftliche Integration! (Abg. Dr. Feurstein: Keine Ahnung!) Es gibt nur eine Welt, meine Damen und Herren, und das ist unsere gemeinsame! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.50

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mir natürlich für heute auch etwas Besonderes überlegt. Entschuldigen Sie, wenn ich ein wenig stammeln werde, aber eigentlich müßte es gut funktionieren. Ihre Begrüßung müßte eigentlich in Ihrer Sprache ungefähr so aussehen. (Der Redner macht einige Gesten in der Gebärdensprache. – Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte es für einen wichtigen Schritt, daß im Bereich der Gerichtsverfahren die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Aber es gibt auch immer wieder eine Diskussion darüber, was denn etwa an Kommunikationsmitteln für Gehörlose notwendig ist und was an Aufwendungen bei Finanzämtern abgesetzt werden kann oder nicht. Das wäre auch etwas, was im Sinne einer Vereinheitlichung innerhalb Österreichs von der Bundesregierung beziehungsweise vom Herrn Finanzminister ohne einen Gesetzesauftrag unmittelbar in die Wege geleitet werden könnte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das Feld der politischen Betätigung in diesem Zusammenhang ist weit. Da Herr Abgeordneter Kier bereits auf die nationalen Aspekte eingegangen ist, möchte ich auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. November 1998 zurückgreifen, in der insbesondere darauf hingewiesen wird, daß nur vier der 15 EU-Staaten die Gebärdensprache als eigene Sprache anerkannt haben und daß es in unserer Gesellschaft vor allem auch um den Zugang zu Information geht und daß dieser in Wirklichkeit mangelhaft ist.


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