Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 77

Früher, meine Damen und Herren, haben die Landeshauptleute mit landesfürstlichem Gehabe und Getue regiert. Es war Brauch, daß der Landesvater an jedem vierten Sonntag im Monat den andächtig lauschenden Untertanen seine eigene Vollkommenheit dargestellt hat. In Wirklichkeit waren das natürlich leere Worthülsen, eine Selbstdarstellung, parteipolitische Propaganda, immer wiederkehrende Politphrasen. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine massive Kritik an Gratz und Zilk!) – Auf Zilk komme ich noch zu sprechen.

Das war gratis, meine Damen und Herren! Die Parteien habe nämlich nichts dafür bezahlt. Es ist eine Eigenwerbung der Parteiobmänner – einseitig, weil die politische Konkurrenz nicht die gleichen medialen Bedingungen vorfindet, und geduldet und gefördert von Landesintendanten in einer Zeit, als die Landesintendanten noch von den Landesfürsten bestimmt worden sind und sich dann auch immer wieder dankbar gezeigt haben. Wie ist das heute in der modernen Zeit, in der es keine Landesfürsten mehr gibt? In der Demokratie eine Selbstverständlichkeit für die Vorsitzenden der jeweiligen Landesregierungen ist? In der die Dame und die Herren Landeshauptleute modern, aufgeschlossen und zukunftsorientiert sind?

Es wurden gerade Wien und Zilk angesprochen. Die Wiener Kolleginnen und Kollegen wissen, daß Altbürgermeister Helmut Zilk, der medial alles andere als schüchtern ist, schon vor Jahrzehnten von sich aus selbst auf diese Gratisselbstdarstellung verzichtet hat. Sicher meinen auch die Wiener Kolleginnen und Kollegen, daß dieses landesfürstliche Relikt in den anderen Bundesländern schon lange abgeschafft wurde. Aber mitnichten, meine Damen und Herren! Ich muß Sie leider davon in Kenntnis setzen, daß es diese Radioansprachen der Landeshauptleute – gratis, einseitig, leere Worthülsen, Eigendarstellung, politische Propaganda – noch immer gibt, und zwar einmal im Monat. Da hat sich überhaupt nichts verändert.

Es hat sich aber etwas anderes verändert, nämlich die Landesintendanten. Es sind junge, engagierte Intendanten in den Ländern am Werk, und das ist die große Veränderung. Diese neuen Intendanten sind eben nicht von den Landeshauptleuten bestimmt worden. Dank Gerhard Weis sind diese nämlich objektiv bestellt worden, und sie müssen sich nicht bei irgendeinem Landeshauptmann für die Karriere bedanken, und sie hängen nicht am politischen Gängelband.

Daher, meine Damen und Herren, bin ich überzeugt davon, daß die Landesintendanten im Jahre 1999 diesen Unfug abstellen werden – egal, ob das Gerhard Draxler in Kärnten, Roland Adrowitzer in Tirol oder Edgar Sterbens in der Steiermark ist. Die jungen, modernen Intendanten werden diesen Anachronismus beenden und diese landesfürstlichen Relikte ins Mediummuseum befördern, und ich freue mich schon darauf.

Es gibt ein Gutachten von Holoubek, in dem die rundfunkrechtliche Zulässigkeit der Sendung des Landeshauptmannes abgehandelt wird. Daraus geht ganz eindeutig hervor, der ORF ist nicht dazu verpflichtet, das ist auf Seite 5 nachzulesen. Es gibt keinen Anspruch der Landeshauptleute auf diese Sendung, Seite 6, und dem Landesintendanten steht die Abschaffung dieses Sendetyps offen, Seite 10 des Gutachtens.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, meine Damen und Herren, daß der Gesetzgeber im Jahre 1999 nicht eingreifen muß, diese Frage nicht regeln muß. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Landesintendanten ab Jahresbeginn für Fairneß, Chancengleichheit, Ausgewogenheit und Modernität im politischen Medienbereich in den Landesstudios sorgen werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

13.57

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Ausführungen des Kollegen Dr. Kräuter nur in einem Punkt korrigieren: Ich glaube, daß seine Einschätzung für Österreich zu optimistisch ist. Ich bin überzeugt davon, daß erstens die Wahlen ins Land ziehen werden und vielleicht dann die


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