Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 106

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.50

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Nicht zu scharf ins Gericht gehen!) Der Vorsitz in der EU war nicht nur für unser Land, für den Bundeskanzler, den Außenminister, für die Regierung etwas Neues, eine Premiere: Es war auch für das Parlament – und im Parlament sicherlich für die Opposition in erster Linie – eine neue Situation und für uns alle eine neue Erfahrung.

Wie ist das im halben Jahr eines Vorsitzes? So mußten wir uns fragen, so mußten sich auch die Abgeordneten fragen. Kann man die Regierung in dieser Zeit zur Gänze aus allem Parlamentarischen herauslassen? Inwieweit kann man sie in EU-Angelegenheiten binden, wenn die Regierungsmitglieder gleichzeitig Vorsitzende und allen Ländern verpflichtet sind? Inwieweit kann man sie mit Terminen belasten? Inwieweit kann man verlangen, daß sie, wenn sie in Straßburg sein müssen, gleichzeitig hier im Parlament sind?

Es hat sich am Anfang von allen Fraktionen dieses Hauses eine sehr starke Bereitschaft gezeigt – und ich möchte das auch wirklich erwähnen –, zum Beispiel bei der Festlegung von Budgetdebatten, der Budgeterstellung und so weiter auch auf die Tatsache einzugehen, daß Österreich den Vorsitz führt, daß die Regierung – vor allem Bundeskanzler und Vizekanzler – bestimmte Aufgaben für die EU zu erfüllen und wir uns in unserer Arbeit auch ein bißchen darauf einzustellen haben. Diese Bereitschaft war vorhanden, und dafür möchte ich auch allen Fraktionen dieses Hauses ein Dankeschön aussprechen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Frage war: Wird sich diese technische Bereitschaft, die gezeigt wurde, auch fortsetzen, wenn es dann daran geht, objektiv zu beurteilen, wie dieses Vorsitzhalbjahr war? Werden dann alle das objektiv im Interesse unseres Landes beurteilen? Oder wird dann das nahende Wahljahr seine Schatten dahin gehend vorauswerfen, daß man zum Beispiel seitens der Opposition nicht mehr bereit sein wird zu sagen, das war ein guter Vorsitz, weil man sich schon Kapital für die nächsten Wahlschlachten herausholen will?

Sosehr ich ein ehrliches Dankeschön für diese Anfangsbereitschaft sagen mußte und wollte, so sehr habe ich nun bei der Beurteilung das Gefühl, daß aus Gründen der eigenen Profilierung für das nächste Jahr nicht objektiv gesagt wird, was auch hier im Parlament zu sagen ist: Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Ihnen sowie der gesamten Bundesregierung und Tausenden Mitarbeitern Österreichs ein herzliches Dankeschön für diese erfolgreiche Arbeit (Abg. Dr. Kurzmann: Ist Ihnen das nicht peinlich?), die Sie nicht nur für unser Land, sondern auch für unser Land in Europa geleistet haben! Wir sind stolz darauf, daß wir als Österreicher das so gut zustande bringen konnten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Im Ausland wird das entsprechend gewürdigt. (Abg. Mag. Stadler: Entsprechend!) Dort, wo man die Möglichkeiten sieht, dort, wo man die Größe der Länder sieht, dort, wo man mit dem großen Vorgänger England et cetera vergleichen kann, dort wird zu Recht darauf hingewiesen, daß sich dieser österreichische Vorsitz sowohl in der Durchführung, in der Technik, im Verhandlungsgeschick als auch in den Ergebnissen durchaus sehen lassen kann.

Ich weiß, hier kommt dann manchmal das Argument: Nun ja, das war ein "tanzender Kongreß". – Dieses Zitat ist damit einerseits nur zur Hälfte wiedergegeben, denn es hieß ja: Der Kongreß tanzt, aber er bewegt sich nicht.

Andererseits war es für unser Land sicherlich auch wichtig zu zeigen, daß auch diese Tagung in das Bild des Standards einer Kultur paßt, die unser Land bei Fremdenverkehr und anderen Dingen zeigen will, weil es daraus Nutzen in ganz Europa zieht. Es war aber ein Vorsitz oder, wenn ich bei diesem Bild bleiben darf, ein Kongreß, der getanzt und sich inhaltlich bewegt hat. Es war Erlebnis und Ergebnis. Es war Ergebnis nicht nur für die Staaten und Regierungen,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite