Herr Bundeskanzler und Herr Bundesminister! Wie Sie wissen, führen wir seit einigen Tagen eine Debatte über österreichische Waffenexporte. Zum bereits bekannten Fall der 40 000 Sturmgewehre ist jetzt ein neues Geschäft dazugekommen, nämlich ein Panzergeschäft, auf das ich am Ende meiner Ausführungen noch eingehen werde. Wir können heute beweisen, daß uns der Bundesminister für Landesverteidigung im Zuge dieses Geschäftes nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt hat. (Abg. Jung: Nicht das erste Mal!)
Der Bundesminister für Landesverteidigung – und ich frage Sie schon, Herr Außenminister, wie Sie das als sein Parteiobmann beurteilen – teilt uns am 9. Dezember mit, daß der mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung abgeschlossene Kaufvertrag eine Klausel enthalten habe, der zufolge die Firma die Waffen funktionsunfähig zu machen hatte. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zur Sache!) Es ist meiner Meinung nach sehr wohl zur Sache, Herr Abgeordneter Khol, daß ich (Abg. Dr. Khol: Das hat mit dem EU-Vorsitz nichts zu tun!), wenn es um Stabilität und Wohlstand weltweit geht, die Frage des Verhaltens der österreichischen Bundesregierung nur unter diesem Aspekt thematisiere. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Abgeordneter Khol! Mittlerweile ist mir dieser Kaufvertrag zugänglich, und darin steht wortwörtlich – ich zitiere aus GZ 61/133/01 –: Eine Demilitarisierung durch das österreichische Bundesheer ist nicht vorgesehen. – Der Bundesminister hat uns die Unwahrheit gesagt! Er bestätigt diese Unwahrheit am 15. Dezember, als davon die Rede ist, daß die Geräte zu demilitarisieren seien. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat damit die Neutralität Österreichs, die Sicherheit in Europa und damit die Absichtserklärung der österreichischen Schwerpunktsetzungen in der Präsidentschaft verletzt und gebrochen.
Er hat auch gesagt, daß insbesondere im Geschäft mit den Vereinigten Staaten – siehe Bescheid des Innenministers – die Waffen zu demilitarisieren, also unbrauchbar zu machen seien. Nun liegt mir der Vertrag schriftlich vor. Daraus geht hervor, daß man genau jene Teile der Waffen, die für dieses eine Geschäft mit den USA durch Zersägen des Laufes tatsächlich unbrauchbar gemacht worden sind, als Ersatzteile geliefert hat, nämlich unzersägte Läufe. Das heißt, für eine angesägte Waffe kam sofort das passende Ersatzteil. – Er hat also wieder die Unwahrheit gesagt!
Drittens wurde diese internationale Stabilität, die österreichische Neutralität und die Ziele der österreichischen Präsidentschaft dadurch konterkariert, daß man die ÖNORM 2050 verletzt hat. Der Bundesminister hat uns mitgeteilt, daß diese ÖNORM selbstverständlich einzuhalten sei. Es liegt mir jetzt die öffentliche Ausschreibung des Landesverteidigungsministeriums vor. Darin steht, daß bei ausländischen Bietern im Rahmen von Waffengeschäften bereits bei Anbotlegung eine Exportbewilligung des Bundesministeriums für Inneres vorzulegen sei. Der Zuschlag für das Geschäft wurde – wie mir schriftlich vorliegt – am 5. August erteilt, allein die entsprechende Genehmigung – auf ein Jahr befristet und für bestimmte Länder – wurde erst am 9. September, also danach, erteilt. Keine Rede war natürlich von Genehmigungen für Rumänien oder Botswana.
Klarerweise ist damit – und das betrifft Sie, Herr Bundeskanzler – auch § 5 Abs. 2 Kriegsmaterialiengesetz verletzt worden, denn es kann ja wohl nur ein wirklich denkunmöglicher Versuch einer Beugung des Rechts – ich sage, es ist Amtsmißbrauch – sein, wenn an einen ausländischen Händler im Inland geliefert wird, wenn sogar ein Geschäft mit einer holländischen Briefkastenfirma gemacht wird und danach gesagt wird: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, wir wissen nicht, was dann passiert ist.
Herr Klubobmann Khol! Dem Dokument "Ziele und Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft" entnehme ich wortwörtlich:
Destabilisierende Anhäufungen und Transfers kleiner und leichter Waffen in Verbindung mit einer zunehmenden Anzahl innerer Konflikte haben die internationale Gemeinschaft vor neue Aufgaben gestellt. – Zitatende. (Abg. Dr. Khol: Ja!)