Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 216

geleistet hat, als sie es durchgehen ließ und gestützt hat, als ihre Beamten meinten, sie müßten dem parlamentarischen Kontrollausschuß nicht einmal Rede und Antwort stehen. Sie hat es nicht einmal für notwendig gefunden, eine Antwort auf einen Brief des Präsidenten des Nationalrates zu geben. Und als die Antwort dann einlangte, hat sie eine eindeutige Sprache gesprochen, nämlich: Ich bin ich, und ihr werdet mir schon nicht in die Karten schauen können!

An all dem sieht man, wie die Kontrollinstrumente von den Regierenden immer weniger ernst genommen werden, seien es nun die Mehrheiten hier im Parlament, die dann die Regierung stellen, oder seien es die Mehrheiten in den Ländern. Und auch das letzte Instrumentarium, von dem man noch meinen sollte, daß es an einen Kernbereich herangeht – indem man nämlich die politische Verantwortung der Regierungsmitglieder klärt, damit man nicht gleich mit einem Mißtrauensantrag kommen muß, sondern vorher Dinge klären kann, um in der Zukunft ähnliche Mißstände, die man vermutet, zu vermeiden –, nämlich die Untersuchungsausschüsse, werden von der Mehrheit in diesem Haus seit Jahren torpediert.

Ich erinnere daran, daß wir die Spielregeln für die Untersuchungsausschüsse deshalb geändert haben, um das Argument des fairen Verfahrens auch wirklich ernsthaft auf den Tisch legen zu können. Denn es ist wahr, daß sich bei den ursprünglichen Untersuchungsausschüssen der letzten Jahre manche Unfairneß nicht nur eingeschlichen, sondern dann auch zu parteipolitischem Kleingeld geführt hat.

Die Oppositionsparteien haben an neuen Spielregeln mitgearbeitet. Nachdem alles unter Dach und Fach war, haben Sie die Sache jedoch abgehakt, haben gemeint, mehr brauchen wir nicht, und Sie sind über die Frage des Minderheitenrechtes nicht einmal gesprächsbereit.

Ich erinnere daran, daß das Verlangen nach einem Untersuchungsausschuß im Zusammenhang mit der Ermordung dreier Kurden viele Monate lang die Öffentlichkeit bewegt hat, vor allem deswegen, weil ein deutsches Gericht festgestellt hat, daß sich die blutige Spur von Wien bis nach Deutschland gezogen hat. Wir haben damals also nicht aus irgendeinem parteipolitischen Kalkül darüber geredet, sondern es ging tatsächlich um Verantwortlichkeiten und politische Verflechtungen und es ging um das Rückgrat unseres Landes anderen Ländern gegenüber. Dieses Rückgrat durften wir bis heute nicht hinterfragen, und daher besteht die Gefahr, daß, wenn eine ähnliche Situation eintritt, ähnliches wieder passiert. Damals waren sich die meisten Medien in diesem Land und die meisten Beobachter der politischen Szenerie einig, daß das ein klassischer Fall für einen Untersuchungsausschuß sein müßte. Sie haben diesen jedoch verweigert.

Dann gab es einen weiteren Fall – der Herr Wirtschaftsminister ist bis vor kurzem noch auf der Regierungsbank gesessen –, in welchem es wieder um Menschenleben gegangen ist, zwar in einem ganz anderen Zusammenhang, aber es ging wieder darum, daß möglicherweise auch die Verletzung der Aufsichtspflicht in einem Kausalzusammenhang mit dem Tod von Menschen stehen könnte, jedenfalls aber die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht ein auf dem Tisch liegendes, ernstes Verdachtsmoment ist. Und es ginge dabei auch darum, festzustellen, welche Verflechtungen vielleicht ganz bewußt zu dieser Verletzung der Aufsichtspflicht geführt haben.

Auch in diesem Fall waren sich wiederum sehr viele einig, sogar in den Regierungsparteien, daß das ein klassischer Anlaß für einen Untersuchungsausschuß wäre. Die Mehrheit in diesem Hause hat jedoch abgeblockt, und viele, die dagegen gestimmt haben, haben gegen ihre Überzeugung dagegen gestimmt. Sie wären vielleicht zu diesem Zeitpunkt sehr froh gewesen, wenn eine Minderheit, das heißt Abgeordnete, die nicht unbedingt ihrer Fraktion angehören, ein solches Instrumentarium in Bewegung hätte setzen können. Aus Koalitionsräson hat man sich aber nicht zuzustimmen getraut.

Sie sind also nicht bereit, die Spielregeln zu ändern, und deswegen haben wir eine erste Lesung zu diesem unserem Antrag verlangt, weil wir glauben, daß dieses Thema nicht erledigt bleiben darf, weil wir glauben, daß die Spielregeln dahingehend geändert werden müssen, daß – wie es auch in anderen Ländern durchaus möglich ist – auch eine Minderheit dieses Hauses einen Untersuchungsausschuß einsetzen kann.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite