Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 58

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es Minister Klima, der Erfinder der Private-Public-Partnership, war, der erklärt hat, ein Bau des Semmering-Basistunnels komme nur dann in Frage, wenn er weitgehend privatwirtschaftlich finanziert wird. Er sagte des weiteren, eine Haftung des Bundes für den privatwirtschaftlichen Anteil bei einer öffentlichen Interessentenausschreibung könne er jedenfalls für eine Finanzierung ausschließen. Sein Nachfolger, Minister Scholten, hat noch im Jänner 1997 erklärt, die privatwirtschaftliche Finanzierung sei eine Vorgabe für dieses Projekt. Er denke deshalb nicht an eine budgetäre Finanzierung.

Sie, Herr Minister Einem, haben aber im April 1998 die Ausschreibung für die Privatkonzessionärssuche zurückgezogen. Offensichtlich ist eine private Finanzierungsbeteiligung gescheitert, weil sich dieses Projekt eben wirtschaftlich nicht rechnet. Das hat auch der Rechnungshof klar festgestellt. Er hat eben bemängelt, daß keine umfassende Wirtschaftlichkeitsprüfung vorliegt.

Meine Damen und Herren! Damit sind aber ganz wesentliche Voraussetzungen für den Bau, wie sie Klima und Scholten selbst noch als Bedingung gefordert haben, weggefallen. Die seinerzeitigen Grundsatzbeschlüsse der Bundesregierung zum Bau des Semmering-Basistunnels sind jedenfalls noch – das möchte ich festhalten – unter den damaligen, von Klima und Scholten festgestellten Voraussetzungen gefallen. Die geänderten Rahmenbedingungen und der deshalb notwendige Kurswechsel zur Finanzierung des Semmering-Basistunnels durch die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft sind deshalb, Herr Minister, von Ihnen politisch zu verantworten und auch von der Bundesregierung noch einmal abschließend zu behandeln.

Meine Damen und Herren! Der Nationalrat hat bereits Anfang 1995 – wieder auf unser Drängen gegenüber dem Koalitionspartner hin – beschlossen:

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wird ersucht, dem Nationalrat bis längstens Ende September 1995, jedenfalls aber vor einem allfälligen Baubeginn des Haupttunnels einen Bericht über die öffentliche Interessentensuche, den Stand der rechtlichen Verfahren sowie auch über den Stand der Gesamtfinanzierbarkeit zu übermitteln.

Auch das, meine Damen und Herren, ist bis heute nicht geschehen. Da liegt offensichtlich ein eindeutiges Versäumnis des Verkehrsministers vor, ja ich würde sagen, ein bewußtes Übergehen des Nationalrates, das von uns jedenfalls nicht kommentarlos hingenommen wird.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben im Rechnungshofausschuß erklärt, daß Sie den Empfehlungen des Rechnungshofes Folge leisten werden, und gleichzeitig gesagt, daß Sie all diese Empfehlungen bereits umgesetzt haben. Das bewerte ich grundsätzlich positiv, weil damit auch zum Ausdruck kommt, daß die Kritik und die Empfehlungen des Rechnungshofes über die weitere Vorgangsweise von Ihnen offensichtlich als richtig und als nachvollziehbar angesehen werden.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß der Rechnungshofpräsident einen Teil dieser Empfehlungen noch lange nicht als umgesetzt ansieht. Ich möchte gar nicht auf die einzelnen Punkte eingehen. Er hat aber zum Beispiel gemeint, daß der Nachweis des gesamtwirtschaftlichen Interesses bei Eisenbahnhochleistungsstrecken nachvollziehbar zu belegen ist und beim Abschnitt Gloggnitz – Mürzzuschlag nachzuholen ist. Da gibt es also offensichtlich noch eine klare Differenz zwischen Ihrer Position und jener des Rechnungshofes.

Es ist auch die gebotene Festlegung des Kostenrahmens des Projekts durch Verordnung nachzuholen. Auch das ist noch nicht geschehen. Schließlich ist noch ein Programm zur Sanierung der Bergstrecke auszuarbeiten, und für die damit verbundenen Investitionen ist eine Baubeauftragung per Verordnung vorzunehmen. Auch das, meine Damen und Herren, ist bis heute nicht geschehen.

Wir erwarten, daß diese Maßnahmen rasch umgesetzt werden. Dies ist eine Voraussetzung dafür, daß der Kritik an der Vorgangsweise des Verkehrsministeriums, aber auch der HL-AG und der ÖBB wirkungsvoll begegnet werden kann und daß wieder eine sachliche Diskussion zu diesem Thema einkehrt. An einer solchen sachlichen Diskussion sind wir ebenfalls interessiert.


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