Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 74

es um diesen Glaubenskrieg gehen, und solange gibt es auch keine echte Unterstützung dieses Projektes über die Parteigrenzen hinweg. Herr Bundesminister und Herr Abgeordneter Brix! Warum das zu einem solchen Glaubenskrieg gemacht wird, kann ich nicht verstehen.

Die sozialdemokratischen Abgeordneten, die sich immer auch so gerne als Vertreter der Bahn, als Vertreter der Eisenbahner und Eisenbahnerinnen verstehen, rechnen vor, daß es unmöglich sein soll, die Aspangbahn zu beschleunigen, und daß es unmöglich sein soll, andere Projekte zu verwirklichen, liefern aber genau damit auch Argumente, daß es allein so nicht gehen wird. Ich behaupte, wir brauchen, was die Eisenbahn und was die Schiene betrifft, insgesamt eine Pionierphase. Wir brauchen eine Verdichtung des Netzes. Wir brauchen Neubaustrecken, und wir müssen vor allem ... (Abg. Brix: Auf der Aspangbahn sollte als "Überlaufgefäß" für den Wirtschaftsverkehr ...!)

Nein, Herr Abgeordneter Brix! Nicht nur unter "ferner liefen", und nicht nur als "Überlaufgefäß", wie Sie das bezeichnen! Da läuft leider noch lange nichts über, weil die Schiene derzeit gegenüber der Straße nicht konkurrenzfähig ist, aufgrund der geringeren Netzbildungsfähigkeit und aufgrund der fehlenden Logistik. Und dadurch, daß Sie immer wieder sagen, das werde irgendwann unter "ferner liefen" kommen, führen Sie genau jenen Glaubenskrieg weiter, den Herr Pröll bisher für sich entschieden hat und den Sie zu Lasten der Eisenbahnen geführt haben. Das ist das Schädliche.

Um aus dieser Situation herauszukommen, müßten Sie eigentlich sagen: Selbstverständlich gehört auch die Oststeiermark besser angebunden und gehören die Verkehrsströme dorthin beschleunigt. Selbstverständlich muß für das Burgenland etwas geschehen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Schweitzer.) Es ist eine Katastrophe, daß man mit der Bahn eineinhalb Stunden nach Eisenstadt fährt. Oder wenn Sie mit der Eisenbahn zum Flughafen Schwechat fahren, sehen Sie, daß es eine Schande ist, wie diese Strecke ausschaut und wie dort der Bahnverkehr abgewickelt wird. Das alles muß geschehen, und deswegen ist es so schlecht, daß Sie sich ausschließlich auf die Frage "Basistunnel ja oder nein" konzentrieren.

Ich verstehe die Argumente der steirischen Abgeordneten, die sagen: Wir lassen uns nicht länger pflanzen, wir lassen uns nicht länger an der Nase herumführen, und das ist das einzige Projekt, das einigermaßen konkret ist. Ich verstehe aber nicht, wieso Sie es überhaupt auf diese Polarisierung hingetrieben haben, statt daß Sie grundlegend für den Vorrang des Schienenverkehrs eintreten. Das kann doch nicht nur bei einem Projekt und bei dieser Tunnelröhre gelten! Das ist inkonsequent. (Abg. Kiermaier: Was ist mit der Westbahn? Ist das kein Projekt?)

Herr Abgeordneter! Ich habe Ihnen gerade gesagt – und ich verstehe nicht, warum Sie nicht auf dieses Argument eingehen –, daß der große Nachteil der Bahn das zu dünne, das von Ihnen ausgedünnte Netz ist. Wenn Sie jetzt immer nur bestehende Strecken – das kann im Detail auf Strecken, deren Kapazität ausgelastet ist, auch sinnvoll sein – allenfalls verstärken, verbessern oder beschleunigen, dann wird das den gravierendsten Nachteil der Eisenbahn, nämlich daß sie nicht überall hin kann und daß die Logistik schlecht ist, nicht wirklich bekämpfen. Aber auf diese Frage ist der Verkehrsminister eine Antwort schuldig geblieben; und die Beantwortung dieser Frage hat der Rechnungshof eingeklagt.

Daher könnten Sie von den Grünen eine viel stärkere Unterstützung – auch von Hochleistungsprojekten – erhalten, wenn Sie endlich einmal eine Antwort auf diese Fragen geben würden: Was tun Sie mit der Bahn in der Fläche? Wie werden die Nebenbahnen erhalten? Welche Kooperation – auch mit Privaten – streben Sie in diesen Bereichen an? Oder ist es wirklich nur diese Entweder-Oder-Lösung?

Ein Letztes zum Thema des Semmering-Basistunnels als solches: Ich hoffe, daß die Österreichischen Bundesbahnen und die HL-AG bereit sind, auch in diesem Bereich ein bißchen dazuzulernen. Denn in Hinblick darauf, wie sie bisher auch in ihren Verträgen mit den betroffene Anrainerinnen und Anrainern umgegangen sind, muß man sagen, daß es nicht einer modernen, dynamischen und demokratischen Bahn entspricht, sondern sehr nach Vertragsdiktaten klingt, wenn man Verträge schließt und sagt: Wir werden irgendwann einmal Flächen in Anspruch


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