Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 75

nehmen – oder nicht. Man behält sich damit vor, jederzeit über Grundstücke zu disponieren. Die Eigentümer müssen jederzeit bereit sein, die Grundstücke zu räumen – und dann informiert man sie über längere Zeit nicht. Ich habe den Eindruck, daß jetzt zwar ein Umdenken vor sich geht, daß aber bereits sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist. Sie haben damit Leute verprellt, bei denen das wirklich nicht notwendig war und die meiner Ansicht nach einen anderen Gesprächston verdient hätten.

Eine konkrete Frage habe ich noch an den Herrn Bundesminister. Aus dem Bereich der Landesregierungen ist zu hören, daß im Hintergrund die Würfel ohnehin schon gefallen sind, nämlich daß sich die niederösterreichische ÖVP von ihrer Haltung in Sachen Naturschutz schon verabschiedet hat und daß es ihr primär gar nicht um den Naturschutz geht, sondern daß es eigentlich darum gegangen ist, schnell die S 6 durchzubringen. Es ist zu hören, daß man im Hintergrund ohnehin schon wisse, wie die Entscheidung der Gerichte ausgehen wird und daß es darüber einen Deal gegeben habe, daß der Semmering-Basistunnel doch kommen soll und im Abtausch dagegen – es betrifft ja das gleiche Ressort – die Donau-Universität in Krems zur Volluniversität ausgebaut werden soll.

Herr Bundesminister! Vielleicht können Sie dem Hohen Haus zu diesen Gerüchten und dazu, ob das den Tatsachen entspricht oder nicht, etwas sagen, bevor wir hier eine Debatte über eine Frage führen, die hinter den Kulissen zwischen den Ja- und Nein-Proponenten vielleicht ohnehin schon entschieden worden ist. Das wäre meiner Ansicht nach eine Vorgangsweise, die dem Hohen Haus nicht angemessen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.08

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic! Sie geben mir Gelegenheit, festzustellen, daß es bei den Grünen offenbar genauso ist wie bei den Freiheitlichen: daß sie nämlich ihre Position zu bestimmten Projekten – in diesem Fall generell zur Eisenbahn – davon abhängig machen, wo sie regional gerade auftreten. Das war ein Lehrstück für mich.

Denn die Position der Grünen in Tirol war immer, die neue Inntalbahn, die ja gebaut werden soll, um im Verkehrsbereich Verlagerungseffekte oder Erleichterungseffekte zu erreichen, als "Schweizer-Kas-Projekt" – so Ihre Aussage beziehungsweise die Aussage der Frau Landesrätin Lichtenberger – zu bezeichnen und damit eine Neubaustrecke abzulehnen. Jetzt aber kommen Sie mit der großen neuen Erkenntnis: Die Grünen fordern Neubaustrecken bei der Eisenbahn. Ich gestehe Ihnen zu, daß Sie den Anspruch, gescheiter geworden zu sein, auch für sich geltend machen können. Aber im Prinzip ist es das gleiche wie bei der FPÖ: Wenn ich hier bin, rede ich für das Projekt; wenn ich woanders bin, rede ich gegen das Projekt; und das gelingt mir, weil ich keine Verantwortung in diesem Land trage und tragen muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Wenn Sie Pröll und Klasnic anhören, werden Sie auch fragen, ob sie derselben Partei angehören!)

Selbstverständlich hat die Opposition auch versucht, die SPÖ und die ÖVP in dieser Frage auseinanderzudividieren und sozusagen die einen gegen die anderen auszuspielen. Insbesondere Kollege Barmüller hat das versucht. Es ist übertrieben, wenn ich jetzt sage, daß zwischen uns kein Blatt Papier Platz hat, Herr Kollege Barmüller, aber so weit liegen die Koalitionspartner an sich nicht auseinander.

Für die ÖVP ist klar: Die Vorbereitung und Planung des Semmering-Basistunnels war sicherlich kein "Masterpiece". Das ist angesichts der langen Dauer und der Probleme, die sich da ergeben haben, wohl festzustellen. Der Herr Bundesminister hat den Rechnungshofbericht zur Kenntnis genommen, aber nicht nur, weil man ihn zur Kenntnis nehmen muß. Er hat ihn auch in den Schlußfolgerungen zur Kenntnis genommen, indem er gesagt hat: Die Behebung all jener Versäumnisse, die bisher aufgetaucht sind und die der Rechnungshof festgestellt hat, ist entweder


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