Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 94

Ich zitiere aus der "Kleinen Zeitung" vom 28. November 1998: "Wie sehr dabei auch ein Rechnungshof in die Irre gehen kann, zeigt ein Blick zurück in die steirische Verkehrsgeschichte. Im erbitterten Streit um den Plabutsch-Tunnel hatte der Rechnungshof vor bald gut 15 Jahren vehement Partei für die Gegner ergriffen und höhnisch angemerkt, daß ein Höhenzug nicht quer, sondern der Länge nach durchquert wird. Jetzt wird für den damals als unnötig eingestuften Plabutsch-Tunnel bekanntlich der Bau der zweiten Röhre vorbereitet." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! In diesem damaligen Bericht hat der Rechnungshof gemeint, daß, obwohl unbestrittene Verkehrsprognosen vorlägen, wonach dieser Tunnelbau zu keiner Entlastung führen würde, dieser vom damaligen Minister trotzdem durchgesetzt werde. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten! Der Rechnungshof hat sich geirrt. So falsch ist der Bericht des Rechnungshofes zum Semmering-Basistunnel nicht, aber Fehler, Mängel und Versäumnisse sind festzustellen, meine Damen und Herren, von vorne bis hinten.

Etwa am Beginn der Seite A: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten soll zuständig sein für den Bau des Semmering-Basistunnels? – Das ist doch falsch, meine Damen und Herren! Das Verkehrsministerium ist zuständig.

Oder: Auf Seite 55 werden die Zeiten angegeben, in denen die Herren Lacina und Streicher Leiter des Verkehrsressorts waren, nämlich von September 1984 bis Jänner 1985 beziehungsweise von Jänner 1985 bis April 1992. – Das ist falsch, meine Damen und Herren! Herr Präsident Fiedler, lassen Sie sich die Zahlen und Daten vom Parlament geben!

Oder: Im Bericht wird durchgehend die Finanzierung des Tunnels angezweifelt. Ich zitiere hiezu einen Experten, Generaldirektor Dipl.-Ing. Brenner:

"Der Semmering-Basistunnel ist gemäß § 8 des Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes von der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GmbH zu finanzieren. Daher ist die Finanzierung dieses Projektes, völlig unabhängig von dem 1998 abgebrochenen Private-Public-Partnership-Modell, gesichert" – die Finanzierung ist gesichert, meine Damen und Herren! – "und in allen Finanzierungsplänen der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GmbH enthalten."

Kollege Steindl ist zwar kein Experte, aber auch er hat gemeint, die Finanzierung ist gesichert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Einiges fehlt im Bericht. Mir fehlt ein Absatz zur Gebarung in der öffentlichen Verwaltung, der sich mit Niederösterreich beschäftigt. Wurde hier nicht ein eigenes Naturschutzgesetz "zusammengeschustert"? Haben nicht willfährige Beamte umgehend den von der Politik gewünschten Bescheid erlassen? Und beim Straßentunnel? Waren da die niederösterreichischen Landesbehörden auch so ökologisch besorgt? Hätte nicht hier der Rechnungshof recherchieren sollen? Hätte nicht der Rechnungshof Überlegungen anstellen sollen, wie man den Egoismus eines Bundeslandes überwinden könnte – zum Beispiel mit bundesgesetzlichen Maßnahmen?

Einiges fehlt, meine Damen und Herren, einiges war zuviel, nämlich politische Wertungen von Präsidenten Fiedler, der einen Baustopp gefordert hat. Es war nicht, wie der Präsident im Ausschuß abschwächen wollte, eine Empfehlung oder, wie er heute meinte, eine sachliche Empfehlung, nein, nein, meine Damen und Herren, es war eine Forderung, wie sie zum Beispiel unter anderem in der Zeitschrift "NEWS" nachzulesen war.

Und die Forderung nach einem Baustopp ist keine politische Wertung – in einem aufgehetzten Medienklima, meine Damen und Herren, in dem über "Pleiteröhre" und "Milliardendesaster" polemisiert wird? Und am selben Tag setzt sich der Präsident des Rechnungshofes hin und sagt: Ich fordere einen Baustopp! – Das ist keine politische Aktion, meine Damen und Herren? Das ist eine sachliche Empfehlung? – So naiv sind Sie nicht, Herr Präsident Fiedler!

Der Gipfel der "Kuhäugigkeit" – um das so zu bezeichnen – ist dann eine Aussage in der APA, in der es heißt: "‚Der Rechnungshof sei zwar im politischen Bereich tätig, dürfe jedoch keine


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