Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 154

war, im vergangenen Jahr radikal zurückgefahren werden konnte, natürlich mit allen Schwierigkeiten, die jetzt einen Ausbruch in dieser Dimension möglicherweise verursacht haben. Aber es hat gewisse Anstrengungen seitens der Regierung und des Parlaments gegeben, die wir nicht übersehen dürfen.

Ich glaube, das Problem, das wir zweifellos beachten müssen, ist, daß es unter Umständen nicht nur Brasilien ist, das in diesem Fall betroffen ist, sondern es kann natürlich Auswirkungen auf die verschiedensten lateinamerikanischen Staaten haben. Ich erwähne Argentinien, das besonders betroffen sein kann, aber auch andere. Der Charakter einer Hilfsaktion ist immer der, daß wir rechtzeitig versuchen müssen, das, was uns an Möglichkeiten zur Verfügung steht, einzusetzen, um eine derartige Folgewirkung nicht eintreten zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Wir haben als Land, das sich immer der Solidarität verpflichtet gefühlt hat, traditionell Hilfsaktionen dieser Art jeweils unterstützt. Wir haben dieses Mal unsere Unterstützung mit einem relativ kleinen Beitrag vorgesehen. Ich glaube, es ist wichtig, daß in Neuverhandlungen mit Brasilien auch eine Änderung der Bedingungen seitens des Verhandlungsführers Internationaler Währungsfonds erreicht wird, aber von Solidarität soll man sich gerade dann nicht drücken, wenn die Not und die Schwierigkeiten des betroffenen Landes am größten sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vorläufig letzte Redner ist Abgeordneter Mag. Trattner mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.47

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kollege Höchtl! Es hat doch überhaupt keinen Sinn, darüber zu diskutieren, was der Internationale Währungsfonds mit der brasilianischen Regierung vereinbart hat, wenn die brasilianische Regierung Maßnahmen aufoktroyiert bekommen hat und es ihr nicht gelungen ist, diese im Parlament durchzusetzen. Sie wissen selbst ganz genau, um welche zwei gravierenden Punkte es dabei gegangen ist. Zum Beispiel hat das brasilianische Parlament abgelehnt, daß die öffentlich Bediensteten eine Eigenvorsorge treffen, selbst vorsorgen sollen. Das wurde abgelehnt. Sie wissen auch ganz genau, daß die brasilianische Regierung mit ihrem Antrag im Parlament durchgefallen ist, rechtzeitig eine sogenannte Finanzsteuer einzuführen, die das Budgetdefizit um 25 Prozent reduziert hätte.

Was hat es da überhaupt für einen Sinn, wenn der IWF mit der Regierung verhandelt, die Regierung im Parlament aber mit ihren Stabilisierungsmaßnahmen nicht durchkommt? Da ist schade um jedes Geld! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darum geht es: Da wird eine 50-Millionen-Dollar-Garantie abgegeben, und wahrscheinlich sind diese weg. Es wäre das gleiche, wie wenn ich heute einem maroden Unternehmen, das eine Investition von 100 Millionen Schilling tätigen will, 10 Millionen Schilling für die Planung gebe. Vielleicht geht es gut, vielleicht geht es nicht gut, wenn es aber schiefgeht, sind die 10 Millionen Schilling weg. Das ist doch keine konstruktive Wirtschaftspolitik!

Auch die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion und der Herr Finanzminister haben im Finanzausschuß effektiv gesagt, daß die Bedingungen hinsichtlich dieser internationalen Hilfsmaßnahmen rasch geändert werden müssen, und zwar insofern, als die privaten Anleger das Risiko, das sie dort eingehen, auch selbst tragen. Was ist denn das für ein Risikomanagement, wenn ich heute in der Lage bin, in einem Land Geld zu investieren, in dem ich von den öffentlichen Stellen zwei Kriterien garantiert bekomme, nämlich einen stabilen Wechselkurs und hohe Zinsen? Die privaten Anleger sind nach Brasilien gegangen, weil sie eben die Garantie eines stabilen Wechselkurses und Aussicht auf Zinsen in der Größenordnung von bis zu 50 Prozent gehabt haben und in der Hinterhand die Gewißheit, daß die öffentliche Hand beziehungsweise der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Lateinamerikanische Bank sowieso zur Verfügung stehen, um das Ganze zu sanieren, wenn irgend etwas passiert. Wer sind dann die Leidtragenden dort? Die Leidtragenden dort sind nicht die Finanzinstitute, die Leidtragenden


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