Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 237

darauf zu, wie Sie sonst in Ihrem Leben umgehen, wenn Sie nur das unterlassen, was strafrechtlich verboten ist.

Wir haben eine andere Vorstellung von politischer Verantwortung. (Abg. Großruck: Gott sei Dank!) Gott sei Dank, das ist wahr. Unabhängig davon, daß ich es für eine sehr eigenwillige Beurteilung von Ihnen halte, das Strafrecht heranzuziehen, halte ich es auch deshalb für denkunmöglich, weil es einfach politische Verfehlungen gibt, die strafrechtlich gar nicht erfaßt sind – und das mit gutem Grund. Es gibt daher ein anderes Instrumentarium, um die politische Verantwortung zu klären, bei Ministern zum Beispiel einen Mißtrauensantrag. Wozu bräuchten wir den, wenn das Strafrecht die einzige Latte wäre? – Dann könnte man ihn einfach vor Gericht stellen, und damit wäre die Geschichte erledigt. Das sieht die Geschäftsordnung glücklicherweise nicht so vor. In einer Demokratie – nicht nur in der österreichischen – gibt es daher ein entsprechendes Instrumentarium, und eines der Kontrollinstrumente dafür, die politische Verantwortung festzustellen, ist ein Untersuchungsausschuß. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn Sie nun sagen, daß bei Nichtfeststellung strafrechtlicher Verfehlungen auch ein Untersuchungsausschuß hinfällig ist, dann frage ich Sie: In welcher Situation ist für Sie überhaupt ein Untersuchungsausschuß denkbar? – Das würde mich interessieren, wenn uns das einer der Parlamentarier aus den Regierungsfraktionen hier erläutern würde, damit wir wissen, mit welcher Vorstellung Sie an diese Bestimmung der Geschäftsordnung und an diese Aufgabe des Parlaments überhaupt herangehen.

Wenn Sie sagen – es muß nicht nur das Strafrecht sein –, daß es in dieser Sache einfach nichts mehr zu untersuchen gibt, dann möchte ich Ihnen ein paar Dinge in Erinnerung rufen, die sich nun bei der strafrechtlichen Untersuchung herausgestellt haben. Ich tue das deswegen, weil ich den Sinn des Untersuchungsausschusses nicht so sehr darin sehe, ein Fehlverhalten einzelner Personen festzustellen, sondern ich denke, daß der Sinn eines Untersuchungsausschusses in dieser Sache ein viel weitergehender ist. Es gilt nämlich festzustellen, mit welcher Haltung Österreich mit einem terroristischen Regime umgeht, mit einem Regime, das sich terroristischer Methoden bedient. Mit welcher Haltung geht die österreichische Verwaltung, gehen österreichische Spitzenpolitiker – nämlich Minister – mit einem solchen Regime um?

Deswegen ist es notwendig, in einem Untersuchungsausschuß zu klären, wie das denn in der Vergangenheit war, um daraus die Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Dazu muß es kommen, damit sich dieses Regime nicht für alle Zeiten darauf verlassen kann, daß es nur Druck ausüben muß, und jeder geht sofort in die Knie. Das ist mein Interesse als Österreicherin und als Parlamentarierin, und dieses Interesse kann nur durch einen Untersuchungsausschuß geklärt werden.

Ich denke, daß es darauf ankommt, diesen Herrschaften entweder mit einem unbiegsamen Rückgrat gegenüberzutreten – oder aber sozusagen vorauseilende Bereitschaft zeigen, sich Druck zu beugen, aus welcher Motivation heraus auch immer. Es gibt sehr böse Motivationen, die in diesem Zusammenhang schon unterstellt worden sind. Das will ich nicht einmal tun. Ich glaube zum Beispiel, daß die Motivation, daß man Sorge um die Sicherheit und um das Leben von Österreicherinnen und Österreichern hat, eine sehr anständige Motivation ist. Das ändert aber nichts daran, daß geklärt werden muß, ob man sich selbst aus dieser Motivation heraus einem Druck gebeugt hat, Interventionen nachgegeben hat und diese Interventionen weitergegeben hat.

Da lese ich folgendes in einer Aussage, die jetzt im Zusammenhang mit dieser strafrechtlichen Untersuchung gemacht wurde. Es ist die Zeugenvernehmung eines Journalisten, der damals für den "Standard" arbeitete und recherchierte und der jetzt unter Wahrheitspflicht – deswegen ist es eine verschärfte Situation – folgendes zu Protokoll gibt. Er beruft sich zwar auf das Mediengesetz und daher auf sein Redaktionsgeheimnis, was seine Gesprächspartner betrifft, er führt auch nichts Näheres über die Gesprächsinhalte aus, aber er legt einen Aktenvermerk vor, der damit von der Wahrheitspflicht umfaßt ist. Das heißt, da kann man nicht sagen, daß das ein Journalist wäre, dem es um Effekthascherei geht.


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