Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 77

Ich zitiere aus einem Verhandlungsprotokoll, das ich heute zufällig bekommen habe: Unser primärer Wunsch – nämlich der der Bilanzbuchhalter – ist es, in der Gewerbeordnung geregelt zu werden. – Die wollten dort hinein. Ich habe mich deswegen herausgehalten, sage ich ganz ehrlich, weil es einfach ein Wettbewerbsproblem war. Das wissen Sie ganz genau. Der Leistungsumfang des gewerblichen Buchhalters ist erheblich geringer als der des selbständigen. Der selbständige Buchhalter ist in Wirklichkeit eine echte Konkurrenz zum Steuerberater. Daher ist er aus organisatorischen und Systemgründen natürlich in diesem Bereich unterzubringen. Das ist die Realität. Alle anderen Interpretationen überlasse ich Ihnen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Helmut, eines muß ich dir schon sagen: Wir haben ausführlich diskutiert, und wenn du sagst, das ist ein laues Lüfterl, dann muß ich sagen, bei euch war Flaute, denn konkrete Vorschläge sind nicht gekommen. Kritik hat es gegeben, ja – ich will jetzt nicht polemisieren –, aber wie man es anders regeln und anders machen könnte, dazu ist von euch nichts gekommen, da war wirklich Flaute, da gab es nicht einmal ein laues Lüfterl. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Da wir im Ausschuß dieses Thema sehr sachlich diskutiert haben, will ich nicht polemisieren. Ich habe jetzt wenig Redezeit; reden wir dann weiter. – Meine Damen und Herren! Ich glaube aber auch, daß das ein sehr wichtiges Gesetz ist.

In den letzten Jahren ist sehr viel über das Thema Dienstleistungsgesellschaft, freie Berufe gesprochen worden. Es gibt genügend Untersuchungen von verschiedenen Wirtschaftsinstituten, aus denen hervorgeht, daß gerade in diesem Bereich ein entsprechendes Beschäftigungspotential vorhanden ist, und zwar vor allem in qualitativer Hinsicht. Und davon haben wir uns leiten lassen. Aus einer erst jüngst vom IHS erstellten Untersuchung geht hervor, daß es im Bereich der freien Berufe ein ungenütztes Potential von rund 30 000 hochqualifizierten Arbeitsplätzen gibt. Die Konsequenz ist normalerweise, daß ein hochqualifizierter Arbeitsplatz die Basis für andere Arbeitsplätze bildet. Also ich bin überzeugt davon, daß das etliches bringen wird.

Schon in den letzten Jahren war das der Fall. Das Wachstum der freien Berufe und ihre Wirtschaftskraft waren bereits in den letzten Jahren zwei- bis dreimal so hoch, als es dem Bruttoinlandsprodukt entsprochen hätte. Wir sehen also, daß wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Der Verband der österreichischen Bilanzbuchhalter hat vor einigen Wochen eine Dokumentation herausgegeben. "Die Zeit ist reif", schreiben sie. "Was wir als Angestellte tun müssen, wollen wir als Selbständige tun dürfen." – Wir können es von hier aus sagen: Sie dürfen, sie sollen – und zwar nicht nur aus Eigeninteresse, sondern auch im Interesse der Klein- und Mittelbetriebe. Jeder, der sich mit diesen Dingen näher beschäftigt, weiß, wie sehr dort ein breiteres Angebot, ein qualifiziertes Angebot notwendig ist. Und gerade die Klein- und Mittelbetriebe brauchen das.

Ich habe nämlich vor einigen Wochen eine Diskussion mit Vertretern von Kreditschutzverbänden geführt. Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß die Hauptursache von betrieblichen Schwierigkeiten in unrichtig, also fehlerhaft geführten Büchern liegt. Wenn also das Angebot breit und auch preiswert ist, dann bin ich davon überzeugt, daß das mittelbar auch ein Beitrag zu einer Verbesserung der Struktur in den Betrieben sein wird. Das war der Ausgangspunkt.

Was wollten wir? – Wir wollten die Überbürokratisierung abbauen, mehr Wettbewerb schaffen, die Aufgaben der einzelnen Berufsgruppen durchlässiger gestalten, monopolistische, geschlossene Bereiche aufbrechen, aber gleichzeitig darauf achten, daß Qualität großgeschrieben wird. Wer sich mit dem Gesetz beschäftigt, wird feststellen, daß wir diese Ziele erreicht haben. Dieses WTBG soll also auch ein Signal an die Klein- und Mittelbetriebe sein.

Nützen sie das Angebot, dann wird es – das können wir von hier aus sagen – in ihrem eigenen Interesse und zu ihrem eigenen Nutzen sein!

In dieser Diskussion ist auch deutlich geworden, daß es ein Spannungsverhältnis gibt, Herr Kollege Graf. Natürlich stehen die Vertreter der Steuerberater für andere Interessen ein als die Vertreter der Anwälte, die Vertreter der Bilanzbuchhalter oder der gewerblichen Buchhalter. Es hat sich nicht um eine Kammerdiskussion gehandelt, sondern um eine Interessendiskussion.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite