Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 40

Was ich mir wünschen würde und was in Österreich möglich sein sollte, ist, daß gewählte Volksvertreter und -vertreterinnen hier einen Appell beschließen, damit in die Öffentlichkeit gehen und sagen: Es kann nicht sein, daß in der Türkei gewählte Abgeordnete im Kerker sitzen, es kann nicht sein, daß Parteien verboten werden, daß Parteienvertreter und Parteiengründer im Gefängnis sitzen.

Es sollte möglich sein, daß wir einen Appell richten, daß eine Kontaktgruppe eingerichtet werden und eine Friedenskonferenz stattfinden soll, die diese Gespräche und diesen Dialog tragen soll, ähnlich wie jetzt im Fall Kosovo.

Es soll einen Appell geben, der auch die Frage vorsieht: Wie können überhaupt auch nur halbwegs den Menschenrechten entsprechende Bedingungen bei einem Prozeß in der Türkei herrschen? – Machen Sie sich mit Ihrem Appell um einen fairen Prozeß in der Türkei nichts vor! Die Türkei ist ein Land, in dem es eine Militär-Strafgerichtsbarkeit gibt. (Abg. Dr. Khol: Aber Öcalan ist vor einem ordentlichen Gericht, das wissen Sie!) Die Türkei ist ein Land, in dem das Militär einen Staat im Staat darstellt. (Abg. Dr. Khol: Ich erinnere an einige Prozesse, die ordentlich geführt wurden!) Dort um einen fairen Prozeß zu appellieren, wo bis heute noch nicht einmal die Anwälte vorgelassen worden sind, das ist Heuchelei, Herr Kollege Khol! (Beifall bei den Grünen.)

Initiieren Sie solch einen Appell! Initiieren Sie, daß wir wieder eine Parlamentarierdelegation in die Türkei entsenden! Initiieren Sie, daß wir wieder unsere Kollegen, unsere gewählten Kollegen in Ankara besuchen können! Setzen wir damit ein Zeichen der Solidarität, ein Zeichen dafür, was wir unter Demokratie und Verfassungsrechtlichkeit verstehen! Initiieren Sie über Ihre Bürgermeister in Ihren Städten solche runden Tische, um zu deeskalieren! Beziehen Sie jene Kurdenvertreter ein, die friedlich zu Lösungen kommen wollen! Es gibt sie. Das Büro der ERNK hat sich von dem gestrigen Anschlag in Graz distanziert. Beziehen Sie diese Vertreter in Ihre Gespräche, in Ihre Beratungen mit ein, denn nur dann wird es möglich sein, in Österreich zu einem Dialog zu kommen, ein Signal zu setzen und als Vorbild zu wirken!

Wir haben heute leider keine außenpolitischen Debatte, aber es wäre angebracht, dringend angebracht, über geeignete Möglichkeiten zu diskutieren und sie auf europäischer Ebene zu initiieren, damit ähnliche Prozesse gegen die Türkei in die Wege geleitet werden können, wie das bei Serbien und Kosovo der Fall war. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen. (Abg. Dr. Khol: Gibt es ein Büro?)

12.11

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kiss hat hier in seiner Rede behauptet, daß ich eine – wie er wörtlich gesagt hat – permanente Blockadepolitik im Zusammenhang mit dem Militärbefugnisgesetz betrieben hätte. Dies ist dezidiert und evident unrichtig.

Artikel 18 unserer Bundesverfassung besagt, daß die gesamte staatliche Verwaltung aufgrund von Gesetzen zu erfolgen hat. Der letzte Bereich, in dem dies nicht der Fall ist, ist das Militärbefugnisgesetz. Ich habe daher am Beginn dieser Legislaturperiode nachhaltig ein solches Militärbefugnisgesetz verlangt. (Abg. Dr. Ofner: Was ist das für eine tatsächliche Berichtigung, Herr Präsident?) Ein solches Militärbefugnisgesetz ist in einer Form vorgelegt worden, die nicht Artikel 18 entspricht, weil es eine ganze Latte von formalgesetzlichen Delegationen und Ermächtigungen enthält, die nicht der Rechtsstaatlichkeit entsprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kiss! Wir wollen ein Militärbefugnisgesetz, aber kein Militärbefugnisgesetz mit rivalisierenden Geheimdiensten. (Abg. Kiss: Jetzt haben Sie es gesagt! Jetzt haben Sie sich verraten!) Wir wollen kein Militärbefugnisgesetz mit einer selbsternannten Kontrolle und kein Militärbefugnisgesetz, laut dem letztendlich der kleine


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite