Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 77

die Öffentlichkeit, die jeweiligen Regierungen zu erreichen, ist der Erfolg relativ gering. Sobald es aber zu Ausschreitungen kommt – seien es Bauerndemonstrationen in Frankreich, seien es Demonstrationen der Kurden in Europa, die durchaus gewalttätig waren –, erst dann hören alle zu und sagen: Jetzt müssen wir handeln!

Meine Damen und Herren! Von dieser Praxis der politischen "Sensibilität" müssen wir abgehen, und deshalb haben wir zwei Anträge vorbereitet, die ich Ihnen hiemit zur Kenntnis bringen möchte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Pollet-Kammerlander, Andreas Wabl, Freunde und Freundinnen betreffend internationale Friedenskonferenz zur Lösung der Kurdenfrage

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, angesichts der ernsten Situation und der Ergebnisse der letzten Tage zur gewaltfreien und politisch-demokratischen Lösung der Kurden-Frage unverzüglich eine Kontaktgruppe zu initiieren, die eine Friedenskonferenz der Konfliktparteien unter internationaler Beteiligung (OSZE) vorzubereiten hat. Als ersten Schritt soll die Kontaktgruppe eine internationale Prozeßbeobachtung im Fall Öcalan vorbereiten.

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Zum zweiten Antrag: Der Herr Bundesminister hat hier formuliert, daß es selbstverständlich eine Forderung nicht nur der österreichischen Bundesregierung, sondern auch eine Forderung der zivilisierten Staatengemeinschaft ist, daß die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe vehement auch den Türken vorgetragen werden muß.

Unser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Wabl, Doris Pollet-Kammerlander, Freunde und Freundinnen betreffend Abschaffung der Todesstrafe

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, verstärkt in allen internationalen Gremien (EU, OSZE, UNO, Europarat, ...) dahin gehend aktiv zu werden, dass generell die Todesstrafe in allen Staaten abgeschafft und insbesondere sichergestellt wird, dass über Abdullah Öcalan keine Todesstrafe verhängt wird.

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Kollege Khol hat signalisiert, daß die ÖVP wahrscheinlich zustimmen wird; ich weiß aber nicht, was Ihre internen Beratungen ergeben haben. Ich habe das auch gehört von den Sozialdemokraten, und ich nehme an, seitens der Liberalen wird es gleichfalls Zustimmung zu diesem Antrag geben, und daß die Freiheitlichen da auch mitgehen können, halte ich für durchaus möglich.

Ich möchte nur noch folgendes zum Fall Öcalan sagen – Kollege Öllinger und auch Kollegin Stoisits haben das hier bereits angesprochen –: Herr Innenminister, Sie sollten sich eines anderen Sprachgebrauchs bedienen und im Zusammenhang mit Verschleppung und Kidnapping nicht von "Verhaftung" sprechen. Kein Land – weder Österreich noch Frankreich, noch Großbritannien, noch Deutschland, noch die USA – würde sich das gefallen lassen.


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