Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 123

Ich erlaube mir auch anzumerken, daß ich schon damals vor genau diesen Effekten, die Sie heute richtigerweise kritisiert haben, gewarnt habe, daß ich damals gewarnt habe (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll) – ja, unter anderem vor Ihnen – vor der völligen Versozialpartnerschaftlichung. Ich habe gesagt: Es wird nicht transparenter werden, es wird nicht effizienter werden, die Kosten werden nicht sinken, die Arbeitslosigkeit – das habe ich damals schon befürchtet – wird so nicht signifikant sinken. – All das ist eingetreten. Hinsichtlich der Frauenförderungen und der geschlechtsspezifischen Diskriminierungen des AMS kann ich mich nur Kollegin Schaffenrath anschließen. Da hat sie leider völlig recht.

Frau Bundesministerin! Das ist auch meine Hauptkritik: Es kann nicht angehen, daß in einer Einrichtung, die den Arbeitsmarktproblemen aller Österreicherinnen und Österreicher zu dienen hat, von den beiden Vorständen zwei Männer und von den 18 Landesgeschäftsführern beziehungsweise Stellvertretern 17 Männer und eine stellvertretende Frau in Wien sind. Das heißt, von 20 Spitzenpositionen ist eine mit einer Frau in einer stellvertretenden Funktion besetzt. Deswegen ist es kein Wunder, daß die Lebensperspektive, wie sie für viele Frauen typisch ist, im Arbeitsmarktservice zu gering ausgeprägt ist. Die Bundeswirtschaftskammer hat sich auch nicht sehr stark gemacht, daß sie Frauen in die Gremien entsendet. So ist das zu einem viel stärker männlich dominierten Verein geworden, als die alte AMV es je war.

Ich komme auch noch kurz auf die Zahlen zu sprechen: 1,6 Milliarden Schilling hat Klubobmann Khol an Notstandshilfeeinsparpotential in Wien vorgerechnet. Mein Kollege Karl Öllinger hat dazu sachlich schon gesagt, warum dieser Vergleich extrem hinkt. Ich mache Sie auch auf die Haushaltsstrukturen aufmerksam. Wenn da wieder das ÖVP-Modell zum Tragen kommt, Frauen in Abhängigkeit von Partnern zu bringen, Frauen nur dann sozialpolitisch wahrzunehmen, wenn sie in der klassischen Kleinfamilie leben, dann gibt es aus unserer Sicht eine klare Absage. Sie wissen, daß die Notstandshilfe daran gekoppelt ist, daß kein Partner oder keine Partnerin vorhanden ist, der oder die im Vollverdienst steht. Wenn Sie jetzt in einer Großstadt wie Wien einen höheren Anteil an Single-Haushalten haben, was wollen Sie dann tun, Herr Abgeordneter Stummvoll? Einen Ehezwang verordnen?

Elfriede Hammerl hat es an einem Frauentag einmal halbironisch vermerkt: Wir müssen schon fast froh sein, wenn von konservativer Seite noch nicht die Forderung nach Wiedereinführung der Witwenverbrennung ertönt. – Also solche Konzepte sind nicht tragbar. Schauen Sie sich die Haushaltsformen an! Ich denke, die Frauen, die von der Notstandshilfe leben – das kann man eigentlich gar nicht sagen, sondern die damit irgendwie auskommen müssen –, haben sich zu ihrer mißlichen Situation wirklich nicht auch noch den politischen Spott verdient! (Beifall bei den Grünen.)

Ein Allerletztes: Ich sprach von den beiden männlichen Vorständen. Wir hören jetzt, daß Ihr stärkeres Ringen um mehr Einfluß im AMS dazu führt, daß auch der eine Vorstand, der tendenziell der Ihrigen Seite zuzurechnen ist, Herr Böhm, offenbar Herrn Buchinger beerben möchte. Das ist schon bezeichnend, und angesichts der Größenordnungen, über die wir reden – Landwirtschaft, Wirtschaft, Arbeitslose, NotstandshilfebezieherInnen –, sollte man doch vielleicht auch einmal mit Herrn Böhm darüber reden, daß seine erste Forderung, wenn er dort installiert würde, ein Dienstwagen war. Wenn das die arbeitgeberseitige Art der Interessenvertretung ist, dann bitte ich doch noch einmal die Wirtschaftsvertreter, etwas mehr in sich zu gehen. (Beifall bei den Grünen.)

17.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Reitsamer mit einer gewünschten Redezeit von 7 Minuten. – Bitte.

17.30

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Daß in die Anfrage der Liberalen, das ist schon gesagt worden, sehr viel hineinverpackt wurde, ist natürlich legitim, weil jede Fraktion nur eine bestimmte Anzahl von Dringlichen Anfragen einbringen kann. Der Titel lautet: Fehlstart für "NEW START", aber man setzt sich in erster Linie mit den Strukturmängeln im Arbeitsmarktservice auseinander.


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