Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 134

Auf der anderen Seite beruht die Entscheidung der Prager Regierung auf einem Bericht über die außenpolitischen Auswirkungen der Inbetriebnahme des AKW Temelins, und dazu leisteten Sie mit Ihrer sehr zurückhaltend und diplomatisch formulierten Note einen Beitrag. Das ist der Punkt, wo ich sage: Feuer ist am Dach! Herr Minister, bitte unternehmen Sie alles, daß es in Österreich kein zweites Mal eine solche Situation wie bezüglich des AKW Mochovce gibt, daß diese Bundesregierung kein zweites Mal Österreich in ein Waterloo treibt, daß wir atompolitisch nicht wieder so im Abseits stehen, wie es im Zusammenhang mit dem AKW Mochovce der Fall war.

Jetzt ist die Chance dafür noch gegeben, in den nächsten drei Wochen können Sie die Eisen noch schmieden, jetzt haben Sie noch die Möglichkeit, auf politischer Ebene zu agieren. Bitte nehmen Sie diese Möglichkeit wahr! Gehen Sie weg von den allgemeinen Sicherheitsphilosophien hin zu einer konkreten hundertprozentigen Sicherheitsphilosophie! Diese heißt Baustopp und bedeutet das Exekutieren beziehungsweise Umsetzen des Beschlusses des Konsenses in atompolitischer Hinsicht, den Sie mit Ihren Aktionen, mit Ihren diplomatischen Noten nicht nach außen tragen, den Sie nicht umsetzen, den Sie auf der Strecke liegen lassen!

Ich appelliere deshalb an Sie: Begreifen Sie den Ernst der Situation, und setzen Sie jetzt wirklich einmal konkrete Schritte! Erkundigen Sie sich innerhalb der EU über Finanzierungsinstrumente! Legen Sie ein konkretes Projekt auf den Tisch! Verhandeln Sie offensiv! – Dann ist wirklich eine Chance gegeben, daß wir 20 Kilometer nördlich unserer Grenze beziehungsweise 60 Kilometer nördlich von Linz kein zweites Mochovce erleben.

Es liegt in Ihrer Hand – Sie kommen ja gerade aus der Slowakei! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: So einfach stellt sich das die "kleine" Gabriela vor!)

18.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. Für Sie und die folgenden Redner gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.17

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Als einer, der damals an der Verhinderung der Inbetriebnahme des AKW Zwentendorf mitgewirkt hat, möchte ich schon auf einen nicht unwesentlichen Unterschied hinweisen: Während das AKW Zwentendorf in Österreich geplant war, befindet sich das Kernkraftwerk, über das wir heute hier reden, nicht auf österreichischem Hoheitsgebiet.

Ich habe mir in Vorbereitung meines Debattenbeitrags angesehen, was alles in Sachen AKW Temelin schon stattgefunden hat: bilaterale Gespräche, Gutachten, Sitzungen von Kommissionen, Regierungskontakte, Botschafterkontakte, EU-Ratssitzungen, öffentliche Diskussionen, "runde Tische". Bei all dem wurde im wesentlichen letztlich immer wieder ein bestimmtes Problem umkreist – und darüber können Sie von den Grünen ja einmal mit Ihrem grünen Bundesumweltminister Trittin in eine Diskussion eintreten, der erkennen mußte, was es bedeutet, wenn Generationen von Politikern und Interessengruppen vorher Sachzwangszenarien entwickeln, eine Vertragskultur entwickeln, aus der man nur schwer herauskommt, was übrigens mit hohen Kosten verbunden ist.

Das geht nicht von heute auf morgen, und das hat Herr Trittin erkennen müssen. Es hat auch keinen Sinn, wenn man dem österreichischen Außenminister Handlungskompetenzen "unterstellt", die er als österreichischer Außenminister in bezug auf das AKW Temelin nicht hat.

Ich meine, daß im Hintergrund noch etwas bedeutend ist: Es ist das einfach ein Lobbyistenkampf. Ich betone: ein Lobbyistenkampf! Die Nuklearindustrie hofft auf die Nachrüstung und hofft natürlich auf die Formel "Sicherheitsstandards", denn das ist ein riesiges Geschäft. Das kann man natürlich machen, wenn man ein oder zwei Modelle der Nachrüstung präsentieren kann, indem man sagt: Das ist westlicher Standard!, so als wäre der westliche Nuklearstandard absolut sicher. Auch der westliche Standard ist nicht absolut sicher.


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