Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 143

Was die Causa Öcalan anlangt, so erwarte ich von der Türkei als demokratischem Staat, als Mitgliedsland des Europarates und als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention, daß das Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, nach den geltenden türkischen Gesetzen abgewickelt wird. Das heißt für mich, daß auch für einen unter Anklage stehenden Chef einer terroristischen Organisation im Verfahren die Unschuldsvermutung zu gelten hat, daß seine persönliche, physische und psychische Integrität zu schützen ist und daß ihm ein fairer Prozeß und die Möglichkeiten der vollständigen Verteidigung geboten werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit, die wir erwarten dürfen.

Terrorismus ist klar und eindeutig abzulehnen, zu verurteilen. Um noch einmal auf die Todesstrafe zurückzukommen: Der Rechtsstaat darf sich nie und nimmer mit jenen auf eine Stufe stellen, die seine Normen verletzen. Weder gegen Terrorismus noch gegen andere kriminelle Aktivitäten ist die Todesstrafe die adäquate Reaktion des Rechtsstaates. Der Rechtsstaat muß und kann sich mit anderen Mitteln zur Wehr setzen. Die Todesstrafe kann nicht die Antwort des Rechtsstaates sein.

Ich bringe daher in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Initiator folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schieder, Dr. Schwimmer, Wabl, Dr. Kier, Freunde und Freundinnen betreffend Abschaffung der Todesstrafe

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, verstärkt in allen internationalen Gremien (EU, OSZE, UNO, Europarat, ...) dahin gehend aktiv zu werden, daß generell die Todesstrafe in allen Staaten abgeschafft und insbesondere sichergestellt wird, daß gegenüber Abdullah Öcalan die Todesstrafe keine Anwendung findet.

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Ich freue mich, wenn es aufgrund dieses von einer breiten Basis getragenen gemeinsamen Entschließungsantrages zu einem entsprechend starken Beschluß des österreichischen Nationalrates kommt, zu einem eindeutigen Appell, die Todesstrafe abzuschaffen.

Ich kann das umso glaubwürdiger tun, als ich in meiner Eigenschaft als Berichterstatter für die Türkei in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vor der Causa Öcalan in einem Bericht an die Versammlung am 25. Jänner an die Türkei appelliert habe, die Todesstrafe, die dort seit 15 Jahren nicht mehr exekutiert wurde – auch das muß man dazusagen –, auch legal abzuschaffen. Es gibt dafür gute Voraussetzungen, es ist dies ein erfolgversprechender Appell, denn – und auch das soll nicht verschwiegen werden – im türkischen Parlament, in der türkischen Großen Nationalversammlung, liegt bereits der Entwurf eines neuen Strafrechtes vor, der die Abschaffung der Todesstrafe vorsieht.

Es handelt sich um einen Entwurf, der von der Menschenrechtskommission der türkischen Regierung ausgearbeitet und von der vorherigen Regierung, der Regierung Yilmaz, dem Parlament übermittelt worden ist. Auf diesem Wege soll die Türkei weitergehen, und dazu möchten wir die Türkei an dieser Stelle ermuntern. (Beifall bei der ÖVP.)

18.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Schwimmer verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Als nächster hat sich Herr Abgeordneter Lafer mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte.


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