Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 166

Dieses Vorhaben soll zirka 15 000 Causae im Jahr betreffen, und zwar solche bis zu einer Strafdrohungsobergrenze von fünf Jahren. Da sei all jenen ins Stammbuch geschrieben, die über die Medien verbreiten – man hat es im Radio hören können –, daß es dabei nur um die Leicht-Kriminalität und Bagatellfälle gehe, also um Dinge, die es nicht würdig sind, bestraft zu werden. Fünf Jahre Strafrechtsobergrenze! Das umfaßt einen erheblichen Teil, zahlenmäßig den größten Teil der Schwerkriminalität.

Es wird sich eine Rednerin meiner Fraktion noch näher damit auseinandersetzen, was alles unter diese Grenze fällt. Aber auch der Nicht-Jurist, der nicht praktizierende Jurist weiß, was alles eine Strafdrohungsobergrenze von fünf Jahren bedeutet! Ausgenommen sind jene Fälle, die den Schöffen und den Geschworenensenaten zugeteilt sind. Wer einen Blick in die Strafprozeßordnung wirft, der sieht, daß es nicht so ist, daß es – wie ich auch schon flüstern gehört habe – grundsätzlich nur um Fälle mit Strafrahmen bis zu drei Jahren ginge und nur in Ausnahmen um solche bis zu fünf Jahren. Es ist umgekehrt! Es ist generell so, daß der Einzelrichter, der dabei als Maßstab zum Tragen kommt, bei Fällen mit einer Strafdrohungsobergrenze von fünf Jahren zum Einsatz kommt und nur eine relativ kleine Gruppe von einzeln angeführten Delikten ausgenommen ist, welche den Schöffen zugeordnet sind, etwa – um nur eines zu nennen – der Tatbestand des räuberischen Diebstahls.

Diese Bestimmung mit den fünf Jahren reicht mitten hinein in die Schwerkriminalität, und ich stehe auf dem Standpunkt, daß das zu weit geht. In den Beratungen im Ausschuß hat mir das jemand aus dem Bereich der Bewährungshilfe vorgehalten und gesagt: Herr Dr. Ofner, Sie sind doch einer der Väter dieses Gedankens! – Das ist schon richtig, aber ich wollte es nicht in dieser Form, denn das geht nach meinem Dafürhalten einfach zu weit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Konfliktregler hat keine Treuepflicht gegenüber dem einen oder anderen der Kontrahenten, weder gegenüber dem Täter beziehungsweise dem Verdächtigen noch gegenüber dem Opfer. Er hat vielmehr nach der Vorlage ausdrücklich die Aufgabe, alle Beteiligten bei dem Versuch zu unterstützen, einen Interessensausgleich herbeizuführen. Das heißt, daß er das Interesse aller im Auge zu haben hat, sowohl des Verdächtigen beziehungsweise des Täters als auch des Opfers. Seine Aufgabe ist es, einen Interessensausgleich herbeizuführen. Das ist das Vorhaben, das ist das Ziel, dem man nach dem Willen des Gesetzes alles unterzuordnen hat.

Das führt aber natürlich automatisch zu einer Bevorzugung des Täters, denn wenn der Ausgleich zustande kommt, wenn die Diversion stattfindet, dann gibt es kein Strafverfahren, keine Verurteilung, keine Eintragung ins Strafregister und ähnliches mehr, und es muß dabei das Opfer auf der Strecke bleiben. Das versteht sich ganz von selbst, und das geht nicht nur aus der von mir zitierten Vorlage hervor.

Im Gesetz heißt es auch: Schadenersatz soweit möglich und zweckmäßig. – Also Schadenersatz nicht unbedingt! Er hat zwar die unbedingte Aufgabe, den Interessensausgleich herbeizuführen, Schadenersatz ist aber nur so weit zu berücksichtigen, soweit es möglich und zweckmäßig ist – zum Unterschied von der Geldbuße, die der Republik Österreich gegenüber zu leisten ist. Die Bezahlung dieser Geldbuße ist nämlich unbedingte Voraussetzung für den Tatausgleich, dabei gibt es die Rücksichtnahme auf den Täter und seine Interessen nicht. Das heißt: Wenn es darum geht, daß sich die Republik Österreich ein Körberlgeld sichert, ist das eine Voraussetzung dafür, daß der Tatausgleich überhaupt stattfindet. Ob das Opfer Befriedigung findet, hat nur dann berücksichtigt zu werden, wenn der Schadenersatz möglich und zweckmäßig ist.

Ich sage das all jenen, die immer wieder behaupten, die heutige Vorlage sei ein weiterer Schritt dazu, daß es den Opfern besser geht als jetzt. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich brauche mir zur Untermauerung dieser Aussage gar keine besonderen Argumente aus den Fingern zu saugen, sondern nur aus der Vorlage vorzulesen. In der Vorlage heißt es: Art und Umfang des Schadens sowie die Leistungsfähigkeit des Verdächtigen und die Ansprüche des Verletzten sind gegeneinander abzuwiegen. – Es ist also gar keine Rede davon, daß man sagt:


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