Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 169

Damit es nicht dazu kommt, daß Wiederholungstäter immer wieder diversionelle Maßnahmen in Anspruch nehmen können, gibt es das Diversionregister. (Abg. Scheibner: Sie haben es selber nicht gelesen!) Fünf Jahre lang wird registriert, wer bereits eine Straftat nach dem Diversionsmodell abgehandelt bekommen hat. (Abg. Madl: Ja, aber er ist ja unbescholten!) Aus unserer Sicht ist das deshalb begrüßenswert, weil wir glauben, daß es die effizientere Maßnahme ist (Abg. Haller: ... im Leumundszeugnis!), sogenannten Tätern – es sind ja nicht verurteilte Täter, sondern nur Verdächtige – ihr Unrecht (Abg. Mag. Stadler: ... eigentliche Gesellschaftsveränderung!), das sie begangen haben, effizient spürbar zu machen: durch die Geldbuße, die bezahlt werden muß, und auch durch den Schadenersatz, den sie sofort leisten müssen. (Abg. Dr. Ofner: Wenn "zweckmäßig" und "möglich"!)

Nehmen Sie das klassische Beispiel des Ladendiebes her, der in Hinkunft wahrscheinlich eine Geldbuße zu leisten hat und den Schaden ersetzen muß (Abg. Dr. Ofner: Falls "möglich" und "zweckmäßig"!), und zwar nicht nur den Wert der gestohlenen Ware, sondern auch die Kosten, die er den Geschäften verursacht hat, beispielsweise durch den Detektiv oder beispielsweise durch den Geschäftsleiter. (Abg. Haller: Dann kauft er sich frei! Ein Freikauf!) Bisher haben diese Täter meistens überhaupt nichts davon bemerkt (Abg. Dr. Graf: Wo steht denn das?), weil die Anzeigen nicht erfolgt sind und weil die Unternehmer sich gesagt haben: Ein Gerichtsverfahren mit Zeugenladung – allein der Aufwand, den das Geschäft damit hat – lohnt sich nicht! (Abg. Mag. Stadler: So ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) Das ist eine Entwicklung, die wir damit hintanhalten. Jetzt können wir wesentlich effizienter vorgehen.

Ich glaube auch, daß die gemeinnützige Arbeit eine gewaltige erzieherische Wirkung auf Täter haben wird, damit sie von Straftaten abgehalten werden. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Was erregt ihr euch so? – Abg. Mag. Stadler: Michael Graff zurück! – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Ofner! Sie haben als Justizminister den außergerichtlichen Tatausgleich für Jugendliche eingeführt. (Abg. Dr. Ofner: Unter anderen Voraussetzungen!) Damals haben Sie die Sozialarbeiter für diese Konfliktregelung als geeignet erachtet. Warum gilt das heuer und jetzt nicht mehr? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Warum haben Sie in Ihrer Meinung einen 180-Grad-Schwenk gemacht? (Abg. Dr. Graf: Weil es um Junge geht!) Das heißt, daß Sie das, was Sie als Minister eingeführt haben, heute verteufeln. Das ist doch ziemlich unglaubwürdig! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Zuständig für die Diversion – das möchte ich hier klarstellen – sind nicht die Sozialarbeiter, sondern zuständig bleibt die Justiz in der Person des Staatsanwaltes. (Abg. Mag. Stadler: Jessas!) Bereits heute obliegt dem Staatsanwalt die Entscheidung darüber, ob er Anklage erhebt oder ob er nicht Anklage erhebt. Diese Entscheidung ist geltendes Recht, und diese Entscheidung wird vermehrt dadurch, daß man dem Staatsanwalt neben dem Entweder-Oder ein Instrument in die Hand gibt (Abg. Dr. Ofner – ein Blatt Papier in die Höhe haltend –: Er hat die Diversion vorzulegen!), sodaß er sagt: Wenn der Schaden gutgemacht ist und wenn der sogenannte Verdächtige die Maßnahmen nicht nur akzeptiert, sondern auch erfüllt, dann gibt es kein Gerichtsverfahren, aber eine Eintragung im Diversionsregister! (Abg. Haller: Er ist nicht vorbestraft!)

Vor allem ist aus unserer Sicht die Situation des Opfers eine unvergleichlich bessere, als dies in der geltenden Rechtslage der Fall ist. (Abg. Mag. Stadler: Das schau’ ich mir an!) Die Strafverfügungen, die meist mit bedingter Geldstrafe verhängt worden sind, wofür nicht einmal ein Verfahren stattgefunden hat, waren rechtsstaatlich etwas bedenklich. Sie werden deshalb abgeschafft. Das jetzige Instrument ist eine unvergleichlich effizientere Reaktion des Staates. Es bedeutet keine Entkriminalisierung (Abg. Haller: Nein? Was denn?), sondern wird wahrscheinlich über weite Bereiche zu einem härten Vorgehen des Staates gegen Täter führen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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