Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 174

Beim außergerichtlichen Tatausgleich steht demgegenüber ausdrücklich drinnen: "allfällige Folgen der Tat ... insbesondere dadurch, daß er den aus der Tat entstandenen Schaden gutmacht". Da haben Sie diese Abwägung nicht drinnen, Herr Kollege! (Abg. Dr. Graf: Das stimmt doch nicht!) Herr Kollege, lesen Sie den Text durch! – Daher ist es also völlig klar. Diesen Wertungsunterschied nicht zu akzeptieren, zeigt einfach auf, daß man sich mit der Sache nicht wirklich auseinandersetzen will. Ich nehme an, daß das Kollege Krüger vielleicht nachträglich noch richtigstellen wird.

Ich denke, daß man grundsätzlich zu dieser Materie folgendes sagen muß: Es handelt sich insbesondere deshalb um eine Verbesserung, weil beim außergerichtlichen Tatausgleich das Opfer im weitaus vermehrten Ausmaß auf seine – unter Anführungszeichen – "Rechnung" kommt, nämlich nicht nur geldmäßig, sondern auch emotional. Es handelt sich tatsächlich um etwas, von dem man behaupten kann, daß es in außerordentlich effizienter Form dazu dient, die Strafhäufigkeit in Zukunft einzuschränken. Das ist ja wohl das Ziel, nämlich daß die Straffälligkeit, die Strafhäufigkeit herabgesetzt wird, als gesellschaftliches Anliegen. Daß wohl naheliegend ist, daß nur das hier ein Ziel sein kann, dürfte auch unumstritten sein. (Abg. Haller: Die Straffälligkeit soll herabgesetzt werden, nicht die Opfer geschützt! Hervorragend!)

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf den Sicherheitsbericht verweisen. Im justitiellen Teil steht auf der vorletzten Seite ... (Abg. Haller: ... straffreie Gesellschaft!) Frau Kollegin, Sie werden es nicht kennen, aber das legitimiert Sie natürlich dazu, daß Sie besonders laut reden. – Da werden Sie auf der vorletzten Seite von einer europaweit durchgeführten Studie lesen, worin die Gesellschaft gefragt wird, und zwar mit einem relativ hohen Sample, was sie für Bedürfnisse hat und in welcher Situation, bei welcher Straftat welche Strafe verhängt werden soll. Bemerkenswert ist, daß dort die Österreicher zu 63 Prozent der Meinung sind, daß bei mittleren Straftaten diversionelle Maßnahmen – es geht nämlich genau um Sozialleistungen – verhängt werden sollen.

Wenn ich in der Bevölkerung Österreichs eine Umfrage mache und frage: Es gibt eine Straftat, wie würdest du sie saktionieren: mit Gefängnis, mit Geldstrafe oder mit einer sozialen Leistung?, und es sprechen sich 63 Prozent – und das ist für ganz Europa einer der führenden Werte – für letzteres aus – Kollege Krüger, lesen Sie sich den Sicherheitsbericht durch, vorletzte Seite! –, dann kann ich doch wohl nicht hergehen und sagen, daß dieser Gesetzentwurf am Willen der Gesellschaft vorbeigeht. (Abg. Jung: Absichtlich!)

Ja, Herr Jung, absichtlich! Sie wissen natürlich als Mitglied eines ehemaligen Geheimdienstes, daß man auch Meinungen bilden kann, wie sie nicht tatsächlich bestehen. Das unterstellen Sie jetzt hier auch einer internationalen Studie. Auf dem Niveau kann ich leider nicht mit Ihnen diskutieren. Man kann nicht gegen Wände laufen.

Außerdem hat Kollege Ofner hier heute mitgeteilt, daß jetzt Tür und Tor geöffnet ist für sachlich völlig unkundige Personen bei Strafen. Eine Kollegin von Ihrer Fraktion, haben Sie gesagt – irgendeine Dame –, wird noch berichten, welche fürchterlichen Folgen das hat und welche Delikte das sind. Ich kann mir jetzt schon vorstellen, was Sie sagen werden. Sie werden hier den gesamten Deliktekatalog vorlesen und werden das völlig ignorieren, was ohnehin schon alle Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben, nämlich daß die Anwendung diversioneller Maßnahmen nur dann möglich ist, wenn das Verschulden gering ist. (Abg. Dr. Ofner: Nein! "Nicht als schwer"! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber lesen Sie es doch nach! Da steht: "nicht als schwer anzusehen ist"! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Man kann natürlich sagen, diese Passage gebe es so nicht, weil Sie diese Passage nicht haben wollen. Sie sind da grundsätzlich gegen etwas, was Sie – da sind Sie gemeint, Herr Kollege Ofner! – eingeleitet haben. Dabei verstehe ich schon, daß Sie jetzt als Mitglied dieser Gruppe natürlich einem gewissen Bewußtseinswandel unterliegen. (Abg. Dr. Graf: Kollege Jarolim! Wie ist das beim 209er grundsätzlich zu bewerten? – Zwischenrufe der Abgeordneten Haller und Jung.) Das werde ich Ihnen auch jetzt hier anrechnen. Aber es ist falsch, es ist unrichtig, es ist einfach nicht nachvollziehbar.


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